Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

116 I. Das Deutsche Reich. 
Anschlusse an die seitens der Religionsparteien damit 
verbundenen Akte vor sich ging, seit dem Jahre 1876 
alle Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle von den 
für die einzelnen Standesamtsbezirke ernannten bürger- 
lichen Behörden, den Standesbeamten, mittels Ein- 
tragens in die vorgeschriebenen Standesregister zu be- 
urkunden. Die Geschäfte des Standesbeamten hat in 
Standesamtsbezirken, die den Bezirk einer Gemeinde 
nicht überschreiten, in der Regel der Gemeindevorstand 
wahrzunehmen, während die Bestellung der Standes- 
beamten, wenn zu einem Standesamtsbezirke mehrere 
Gemeinden gehören, durch die Regierungsbehörde, in 
Sachsen die Kreishauptmannschaft, zu erfolgen hat. Auch 
in zusammengesetzten Bezirken sollen tunlichst Gemeinde- 
beamte zu Standesbeamten bestellt werden. Geistlichen 
und anderen Religionsdienern darf das Amt nicht über- 
tragen werden. Die Standesbeamten haben unter Be- 
rüchsichtigung des Bedürfnisses und der örtlichen Ver- 
hältnisse in der Regel bestimmte Geschäftsstunden ein- 
zuhalten, der Vornahme dringender Amtshandlungen 
jedoch sich auch außerhalb derselben zu unterziehen. Jede 
Geburt eines Kindes ist innerhalb einer Woche, die 
Vornamen der Geborenen aber sind binnen längstens 
zwei Mlonaten dem Standesbeamten des Bezirkes, in 
dem die Geburt stattgefunden, und zwar in erster Reihe 
vom Vater anzuzeigen, ebenso jeder Sterbefall spätestens 
am nächstfolgenden Wochentage vom Familienhaupte, 
oder wenn ein solches nicht vorhanden, vom Wohnungs- 
inhaber. Ohne Genehmigung der Ortspolizeibehörde 
darf keine Beerdigung vor der Eintragung des Sterbe- 
falles in das Sterberegister erfolgen. Eheschließungen 
sind nur dann gültig, wenn sie vor dem Standesbeamten 
— und zwar zunächst desjenigen des Wohnsitzes oder 
Aufenthaltsortes eines der Verlobten — geschlossen werden. 
Der Eheschließung hat ein von dem Standesbeamten 
öffentlich auszuhängendes Aufgebot vorherzugehen. Vor- 
aussetzung der bürgerlichen Eheschließung ist die Ehe- 
mündigkeit, die beim männlichen Geschlechte mit dem 
Eintritt der Volljährigkeit (dem vollendeten 21. Lebens- 
jahre), beim weiblichen Geschlechte mit dem vollendeten 
16. Lebensjahre eintritt. Die kirchliche Trauung darf 
von dem Geistlichen nicht eher vollzogen werden, als
	        
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