Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

Die sächsische Staatsverfassung. 141 
die bestehenden Landesabgaben weder verändert noch 
ausgeschrieben oder erhoben werden, sie haben aber auch 
bei der Beratung und Feststellung des Voranschlages 
des Staatsbedarfs für die nachfolgenden zwei Jahre nebst 
den Voranschlägen zu dessen Deckung (Budget) mitzu— 
wirken. Endlich haben die Stände das Recht, in bezug 
auf alle zu ihrem Wirkungskreise gehörigen Gegenstände 
dem Könige ihre gemeinsamen Wünsche und Anträge Petitions- 
in der geeigneten Form vorzulegen (Petitionsrecht), Be-Beschwerde- 
schwerden über das Verfahren von Staatsbehörden an= echt. 
zubringen und schriftliche Beschwerden der Untertanen 
anzunehmen, sowie diese eventuell dem Könige zur ge- 
eigneten Berücksichtigung zu empfehlen (Beschwerderecht). 
Ständische Deputationen an den König dürfen in der 
Regel nur von beiden Kammern gemeinschaftlich und 
nach vorheriger, durch das Gesamtministerium zu ver- 
mittelnder Genehmigung abgeordnet werden. Der König 
pflegt den Landtag mit einer Thronrede zu eröffnen 
und bei dessen Schlusse eine Urkunde verlesen zu lassen, 
in welcher die definitiven Ergebnisse der Landtagsver- 
handlungen zusammengefaßt werden und die Königliche 
Erklärung darüber zum Ausdrucke gelangt (Landtags- 
abschied). 
Das Becht, die beschlossenen Gesetze bekanntzumachen, 
(Gesetz= und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen), 
auszuführen und zu handhaben, steht dem Rönige zu. 
Er ist dabei an die Mitwirkung seiner aus eigener freier 
Entschließung ernannten Mlinister insofern gebunden, Mscer. 
als alle von ihm in Regierungsangelegenheiten unter- 
zeichneten Verfügungen nur dann verbindlich und gültig 
sind, wenn sie von den Minstern oder doch dem De- 
partementsminister kontrasigniert (gegengezeichnet) werden. 
Die Minister sind den Ständen verantwortlich, können 
insbesondere wegen Verletzung der Verfassung von diesen 
förmlich angeklagt werden, worauf der aus teils vom 
Könige, teils von den Kammern ernannten höheren Richtern 
gebildete Staatsgerichtshof zu entscheiden hat. Die Staats- 
Strafbefugnis des Staatsgerichtshofes erstrecht sich nur erichtshok. 
auf ausdrüchliche Mißbilligung des Verfahrens des 
Ministers oder dessen Entfernung vom Amte; gegen 
seinen Ausspruch ist nur Berufung auf dessen anderweites 
Erkenntnis gegeben. Der Staatsgerichtshof hat übrigens
	        
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