Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. 201
lichen Schulzeit kann nur in besonders dringenden Fällen
und in der Regel nur nach vollendetem 14. Lebensjahre
mit Genehmigung des Bezirksschulinspektors erfolgen,
wogegen Kinder, die das Ziel der einfachen Volksschule
in den wesentlichen Fächern innerhalb der gesetzlichen
Schulzeit nicht erreicht haben, genötigt werden können,
die Schule ein weiteres Jahr hindurch zu besuchen. Ver—
wahrloste, nicht vollsinnige, schwach- und blödsinnige
Kinder sind von der Voltsschule ausgeschlossen, für ihre
Erziehung ist anderweit in geeigneter Weise Sorge zu.
tragen; für Taubstumme bestehen die Taubstummen-
anstalten zu Dresden und Leipzig. Für unentschuldigte
oder ungerechtfertigte Schulversäumnisse sind die Eltern
oder Erzieher, nach Befinden auch die Lehrherren, Dienst-
herrschaften und Arbeitgeber verantwortlich und straffällig.
Durch die Volksschulgesetzgebung des Jahres 1873 ist
nun weiter noch bestimmt worden, daß die aus der
Volksschule entlassenen Knaben noch drei Jahre lang
zum Besuche der Fortbildungsschule mit wöchentlich biiboe
2—6 Unterrichtsstunden verpflichtet sind; von dieser BVer-schuten.
pflichtung befreit in der Begel nur der Besuch einer
höheren Lehranstalt bis zum 15. Lebensjahre, der min-
destens neunjährige Besuch einer höheren oder mittleren
Volksschule beziehentlich entsprechender Privatunterricht
dann, wenn das betreffende Kind die seinem Alter
entsprechende Bildungsstufe erreicht hat. Die JFort-
bildungsschule schließt sich unmittelbar an die einfache
Volksschule an, es erstreckt sich sonach der Unterricht in
der ersteren in der Regel auf die Zeit vom erfüllten
14. bis zum erfüllten 17. Lebensjahre. Aufgabe der
Fortbildungsschule ist die weitere allgemeine Ausbildung,
insbesondere die Befestigung in denjenigen Kenntnissen
und Fertigkeiten, welche für das bürgerliche Leben vor-
zugsweise von Autzen sind. Auch für Mädchen hann
ein obligatorischer zweijähriger Fortbildungsunterricht
mit wöchentlich zwei Stunden eingerichtet werden.!
1 Das sächsische Volksschulwesen erforderte im Jahre 1901
einen Aufwand von rund 361½/2 Uillionen Mark (davon
7 AMillionen Mark oder 19% Staatszuschuß), 1906: 45,4 Mil-
lionen (10,4 Millionen oder 23% Staatszuschuß), 1911: 60 Mil-
lionen (14 1½/2 Millionen oder 24% Staatszuschuß). In diesen
zehn Jahren vermehrte sich die Zahl der Volksschüler von