Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

212 II. Das Königreich Sachsen. 
als 300 AM, bei größerer Seelenzahl mehr als 300 M— 
auf je 1000 Seelen beträgt. 
Aach dem im allgemeinen mit dem Gemeindesteuer— 
gesetze (zu vgl. S. 149) übereinstimmenden Kirchensteuer— 
gesetze vom 11. Juli 1913 sind die Gemeinden berechtigt, 
zur Deckung ihres Bedarfs, Besitzwechselabgabe, Ein— 
kommensteuer, Grundsteuer und beschränkt auch Kopf— 
steuer zu erheben. Bei Beschlüssen, die die Kirchge— 
meinde außergewöhnlich belasten und nur unter Auf— 
nahme einer Anleihe durchzuführen sind, ist die bürgerliche 
Gemeinde vor Durchführung des Beschlusses zu hören. 
Der Steuerbedarf jeder Kirchgemeinde ist alljährlich durch 
den Haushaltplan festzustellen, der, wenn Kirchensteuern 
erhoben werden sollen, der Genehmigung der Kirchen— 
aufsichtsbehörde bedarf. Die Steuerpflicht der Ritter— 
güter ist so geregelt, daß deren Besitzer zu den Kirchen— 
lasten soviel beizutragen haben, als sich bei Umlegung 
des Bedarfes zur Hälfte nach der Kopfzahl der über 
14 Jahre alten Personen, zur anderen Hälfte auf den 
beitragspflichtigen Grundbesitz nach Maßgabe der 
Staatsgrundsteuer ergibt. Vereinbarungen mit den 
beteiligten bürgerlichen Gemeinden über einen ander— 
weiten Verteilungsmaßstab oder einen Anschluß an die 
Kirchensteuerordnung bedürfen der Genehmigung der 
Kirchenaufsichtsbehörden, können übrigens so geschlossen 
werden, daß sie auch die Aachbesitzer binden. Die 
kirchlichen Bedürfnisse, soweit sie von der Kirchgemeinde 
zu tragen sind, dürfen durch Aaturalleistungen mittels 
Spann= oder Handdienste nicht aufgebracht werden. Zur 
Gewährung von angemessenen Beihilfen an bedürftige 
Kirchgemeinden, die in ihrer Leistungsfähigkeit durch 
das neue Gesetz wesentlich beeinträchtigt werden, ist dem 
evangelisch-lutherischen Landeskonsistorium einmalig ein 
Kapital von 600 000 .K aus der Staatskasse über- 
wiesen worden. 
Uber Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kirchen- 
vorstande und den politischen Gemeindevertretern ent- 
Kirchen= scheidet in der Regel in erster Instanz die Kirchen- 
zuspention,inspektion. Diese besteht aus dem Ephorus (Super- 
intendenten) und dem Stadtrate (für Städte mit 
revidierter Städteordnung) oder beziehentlich und der 
Amtshauptmannschaft (für mittlere und kleine Städte
	        
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