214 II. Das Königreich Sachsen.
zugleich die weltlichen und kirchlichen Befugnisse der
Kircheninspektion zustehen. Die Befugnisse der Super-
intendenten werden daselbst von dem der Kreishaupt-
mannschaft angehörenden geistlichen Rate (Kirchenrate)
ausgeübt, die geistlichen Mitaufsichtsbefugnisse nur in-
soweit, als sie nicht auf die Kreishauptmannschaft Bautzen
übergegangen sind.
Zirchen- Bei Verwaltung des Kirchenvermögens und Besetzung
der geistlichen Stellen steht dem Kirchenpatrone eine
wesentliche Mitwirkung zu. Das Kirchenpatronat ist der
Inbegriff der Befugnisse, die ein Mitglied der christlichen
Kirche durch die aus seinem Vermögen geschehene Stiftung
(Fundation und Dotation), durch Verleihung, Verjährung
oder einem anderen gesetzlich anerkannten speziellen Titel
über eine kirchliche Anstalt (irche, geistliches Amt) er—
worben hat. Das Patronatrecht steht in Sachsen teils
dem Landesherrn zu, teils ist es als dingliches Recht
mit Rittergütern verbunden, auch Stadträte und Korpo—
rationen, insbesondere die Domstifter usw., befinden sich
im Besitz von Patronatrechten.
Der Patron hat ein Schutz= und Aufsichtsrecht über
die Kirche, er hat im Kirchenvorstande Sitz ohne Stimme,
ist von der Verwaltung jederzeit Kenntnis zu nehmen
berechtigt, kann ihm bedenklich scheinende Beschlüsse zur
Kenntnis der Kircheninspektion bringen, ist bei Ver-
äußerung von der Kirche gehörenden Gütern, Holzschlägen,
Verminderung oder Erhöhung der Dotation der Kirchen-
diener und anderen wichtigen Veränderungen mit seiner
Erklärung zu hören. Bei Erledigung einer geistlichen
Stelle an der seinem Patronate bzw. dem wesentlichsten
Fech- Ausflusse derselben, der Kollatur, unterstehenden Kirche,
hat er, soweit nicht das Kirchengesetz vom 8. Dezember
1896 dem Landeskonsistorium betreffs der fünf ersten in
jedem Kalenderjahre zur Erledigung kommenden Stellen
das Besetzungsrecht vorbehalten hat, die Bewerbungen
zu der Stelle entgegenzunehmen, die von ihm geeignet
befundenen Bewerber dem Kirchenvorstande zu benennen,
und den von dem letzteren Gewählten dem Landeskon-
sistorium zu präsentieren, nach erfolgter Annahme der
Designation durch letzteres die Vokationsurkunde aus-
zufertigen und bei der Einweisung auszuhändigen. In
Städten mit revidierter Städteordnung wird das Kolla-