228 II. Das Königreich Sachsen.
zudem hat ihre Erhebung erfahrungsgemäß zu erheblichen
Schwierigkeiten und Mißhelligkeiten geführt.
Aun hat es aber von jeher in einzelnen Jahren
außerordentliche Staatsbedürfnisse gegeben, deren ein—
malige Aufbringung durch jährliche Steuern kaum mög—
lich, jedenfalls aber schon deshalb nicht rätlich war, weil
der aus den betreffenden Aufwendungen entstandene
Autzen auch den späteren Generationen zugute kommen
mußte. In Fällen dieser Art pflegt der Staat zur Auf—
Steate nahme von Anleihen zu schreiten, er stellt als Gegen-
leistung für die ihm dargeliehenen Beträge Schuldscheine
aus und löst die daran befindlichen Zinsscheine (Kupons)
zu den bestimmten Fristen gegen Barzahlung des Be-
trages, auf den dieselben lauten, an den Staatskassen
ein. Auf diese Weise sind beispielsweise die Mittel zu
den vom Staate erbauten Eisenbahnen, zu zahlen ge-
wesenen Kriegshosten usw. aufgebracht worden.1 Zur
1 Anfang 1902 beliefen sich die Staatsschulden im Bönig-
reich Sachsen auf insgesamt 980,14 Millionen Mark, gingen
Ende 1903 auf 961,8 Millionen Mark, Ende 1905 auf 941,3 Mil-
lionen und Ende 1910 auf 871,5 Millionen Mark zurück. Es
entfallen also zurzeit auf den Kopf der Bevölkerung etwa 180.4.
Mit dieser Abminderung seiner Staatsschuld steht Sachsen unter
sämtlichen Königreichen und Großherzogtümern einzig da; alle
anderen haben ihre Schuld in den letzten Jahren dauernd ver-
größert, so Preußen von 7 Milliarden auf 8,9, Bayern von
1,46 auf 2,17 Williarden. Nach den Voranschlägen für das
Jahr 1912 hatten Reich und Einzelstaaten mit 20 ½ Milliarden
Wark Schulden zu rechnen. In Sachsen stand den Schulden
Ende 1909 ein immobiles Vermögen von etwa 1452 und ein-
schließlich des Mobiliars und Inventars, den Außen= und
Kassenbeständen von 1843 Millionen Mark gegenüber. Die
Anleihen sind fast ausschließlich zu produktiven Zwechken ge-
macht worden, Anlagen von Eisenbahnen, Hochbauten usw.
Während der Staat seine Anleihen zu 3 und 3 ½, höchstens
4% verzinst, haben bisher die mit dem geliehenen Gelde ge-
schaffenen Werte einen höheren Ertrag ergeben. Der Ertrag
der Staatseisenbahnen (Uberschuß) für die Fianzperiode 1912/13
ist nach Absetzung von nahezu 3 Millionen Mark für Er-
weiterungsbauten usw. mit über 9 Millionen Mark jährlich
eingesetzt, außer den Beiträgen der Staatseisenbahnen zur Ver-
zinsung und Tilgung der Staatsschulden im Betrage von
33,7 Millionen Mark. Zur Verzinsung der Staats= und
Finanzhauptkassenschulden soll es etwa 27 Millionen Mark
bedürfen. Die Staatseisenbahnen allein wiegen nach dem
Voranschlage die gesamte sächsische Staatsschuld auf, und ihr
Reinertrag reicht aus, diese zu verzinsen und auch sie zu tilgen,