Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

Reichsverfassung. 41 
wirtschaftlicher Sonderinteressen und allgemeinpolitischer 
Bestrebungen herhalten mußte, die nicht oder doch nicht 
ausschließlich auf die Sache selbst, sondern wesentlich auf 
das einseitige Geschäfts= oder Parteliinteresse abzielten. 
Nach langen Kämpfen wurde mit Hilfe der konservativen 
Parteien, des Zentrums, der Polen und der wirrtschaft- 
lichen Vereinigung die Reform auf folgenden Grund- 
lagen herbeigeführt: 
Es werden die Zölle auf Tabak und Branntwein 
sowie auf Kaffee und Tee erhöht, ein Zoll auf Zünd- 
hölzer gelegt, verschiedene neue Steuern auf Verbrauchs- 
artikel beziehentlich auf den Besitz erhöht oder neu ein- 
geführt. Die Reineinnahmen aus der Branntweinsteuer 
werden nach wie vor den einzelnen Bundesstaaten nach 
dem Maßstabe der Bevölkerung überwiesen, dagegen 
fällt die Uberweisung gewisser Stempelabgaben in Zu- 
kunft weg. Die gestundeten Mlatrikularbeiträge werden 
auf Anleihe übernommen, ebenso die Fehlbeträge aus 
den Rechnungsjahren 1907 und 1908. Diese Anleihe 
ist jährlich mit mindestens 1,9% unter Hinzurechnung 
der ersparten Zinsen zu tilgen. Die Tilgung der BReichs- 
schuld vom 1. April 1911 wird anderweit geregelt. Die 
Alatrikularbeiträge sind bis zur Höhe von ca. 49 Millionen 
Mark auf das Jahr 1909 von den Bundesstaaten zu 
übernehmen, für die weiteren Jahre ist vereinbart worden, 
daß sie den Betrag von 0,80 " auf den Kopf der Be- 
völkerung nicht übersteigen sollen. 
Hiernach waren — zu vgl. jedoch S. 45 — bis zum 
Jahre 1913 für das BReich nachstehende, im wesent- 
lichen indirehte Steuern zu erheben: 
1. Schaumweinsteuer, 1—3 je nach der Preis- 
höhe für die Flasche des zum Verbrauch im Inlande be- 
stimmten Schaumweins, 10 J für den aus Fruchtwein 
ohne Zusatz von Traubenwein hergestellten. 
2. Die Branntweinsteuer. Aeben der Mlaischbottich- 
steuer und Bohstoffsteuer wird eine Verbrauchsabgabe 
von 1,05 ½ bzw. 1,25 ÆA für das Liter Alkohol und 
von der erzeugten Alkoholmenge eine Betriebsauflage von 
4—14 % vom Hektoliter je nach der Höhe der Erzeugung er- 
hoben. Essigsäure, die im Inlande aus Holzessig oder essig- 
sauren Salzen gewonnen wird, unterliegt einer Verbrauchs- 
abgabe von 0,30 .% für das Kilogramm wasserfreier Säure.
	        
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