62 I. Das Deutsche Beich.
in Sachsen neuerdings von den Kreishauptmannschaften
als Verwaltungsgerichten erster Instanz und dem Ober-
verwaltungsgerichte in zweiter Instanz entschieden. Bei
einem Verwaltungsstreite zwischen dem Landarmenver-
bande und einem Ortsarmenverbande steht die erstinstanz-
liche Entscheidung in Fällen, in denen die Kreishaupt-
mannschaft Dresden in Vertretung des Landarmenver-
bandes Entschließung gefaßt hat, der Kreishauptmannschaft
Leipzig, in allen übrigen Fällen der Kreishauptmann-
schaft Dresden zu. Wird der Streit zwischen Armen-
verbänden geführt, die zwei verschiedenen Bundesstaaten
angehören, so entscheidet in letzter Instanz das Bundes-
amt für das Heimatwesen in Berlin (s. S. 11
unter ).
Ubrigens fand die Gesetzgebung über Heimats= und
Niederlassungswesen auf Bayern bisher keine Anwen-
dung; doch ist nachträglich durch Gesetz vom 13. Juni
1913 das Unterstützungswohnsitzgesetz in Bayern einge-
führt worden; in Elsaß-Lothringen war dies auch erst
im Jahre 1909 geschehen. Gegenüber Bayern regelte
#e- sich die AUbernahmepflicht und das Ausweisungsverfahren
Auswei= bis dahin nach den Bestimmungen des sogenannten
sungsver-GEothaer Vertrages vom 17. Juli 1851 und der
Eisenacher Konvention vom 11. Juli 1853, wonach
jeder Staat verpflichtet ist, seine Angehörigen beziehent-
lich diejenigen Personen, die in seinem Gebiete geboren
sind oder nach erreichtem 21. Jahre sich zuletzt 5 Jahre
aufgehalten oder sich verheiratet und mit ihrer Frau
unmittelbar nach der Eheschließung eine gemeinschaftliche
Wohnung mindestens 6 Wochen innegehabt haben, von
dem anderen zu übernehmen. Die Ausweisung darf in
der Regel nicht ohne Zustimmung der Behörde des über-
nahmepflichtigen Staates erfolgen. Die RKosten der Aus-
weisung trägt der ausweisende Staat innerhalb seines
Gebiets. Bis zur Uberführung hat jeder Staat für Kur
und Verpflegung des Auszuweisenden zu sorgen. Die
dadurch entstehenden Kosten sind vom Heimatsstaate nur
insoweit zu erstatten, als die Fürsorge über drei Monate
gedauert hat. — Außerdeutschen Staaten gegenüber regelt
sich die Abernahmepflicht eventuell nach den bestehenden
Staatsverträgen.