Full text: Das Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Deutschen Reiches und des Königreiches Sachsen.

Gewerbewesen. 63 
Gewerbewesen. 
Die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom Gewerbe- 
21. Juni 1869 bildet seit dem 1. Januar 1873 im ganzen ordnung- 
Reiche — mit Ausnahme von Helgoland, beziehentlich 
für Elsaß-Lothringen seit dem 1. Januar 1889 — geltendes 
Recht, doch ist ihr Inhalt in den letzten Jahren vielfach, 
zuletzt im Jahre 1910, der Revision unterzogen worden. 
Die Gewerbeordnung beruht auf dem Grundsatze der 
Gewerbefreiheit, d. h. der Betrieb eines Gewerbes im 
Deutschen BReiche ist selbstverständlich vorbehältlich der 
Erfüllung der wohlfahrts-, bau= und sicherheitspolizei- 
lichen Vorschriften jedermann gestattet, soweit nicht durch 
das gedachte Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vor- 
geschrieben oder zugelassen sind. Als solche Ausnahmen 
beziehentlich Beschränkungen sind u. a. anzusehen: Einer E J 
besonderen Genehmigung der zuständigen Behörden (in bedürfende 
Sachsen der Amtshauptmannschaften mit den Bezirks-Anlagenund 
ausschüssen beziehentlich der Stadträte) bedarf es zur Er- 
richtung gewisser Anlagen, wie Schlächtereien, Gerbereien, 
Schießpulverfabriken, Stauanlagen für Wassertriebwerke 
usw., welche für die Besitzer oder Bewohner der benach- 
barten Grundstücke oder für das Publikum überhaupt 
erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen herbei- 
führen können; auch zur Anlegung von Dampfkesseln ist 
die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen 
Behörden erforderlich. Gewisse Klassen von Gewerbe- 
treibenden bedürfen zur Ausübung ihres Gewerbes der 
behördlichen Genehmigung, die, wo sie auf einem Be- 
fähigungsnachweise wie bei den Arzten, Apothekern usw. 
beruht, als Approbation, sonst (z. B. Schauspielunter- 
nehmer, gewerbsmäßige Veranstalter von Singspielen, 
Gesangs= und deklamatorischen Vorträgen usw., Unter- 
nehmer von Privat-, Kranken-, Entbindungs= und Frren- 
anstalten) als Konzession bezeichnet zu werden pflegt. 
Wer Gastwirtschaft, Schankwirtschaft oder Kleinhandel 
mit Spiritus betreiben will, bedarf dazu ebenfalls der Er- 
laubnis, die nur im Mangel bestimmter Voraussetzungen 
  
1 Eine Vorlage, wonach kinematographische und phono- 
graphische Darstellungen der Konzessionspflicht unterstellt wer- 
den sollen, ist in Aussicht genommen.
	        
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