70 J. Das Deutsche Reich.
trag oder mit Zustimmung des Vaters oder Vormundes
ausgestellt wird. Arbeitern unter 18 Jahren, die eine
Fortbildungsschule besuchen, muß hierzu die erforderlichen—
falls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit ge—
währt werden. Besondere Bestimmungen regeln die
Verhältnisse der Gesellen, Gehilfen und Fabrikarbeiter,
sowie die Lehrlingsverhältnisse, andere bezwecken den
Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Ge—
sundheit und die Aufrechterhaltung der guten Sitten
und des Anstandes im Betriebe. Für jeden Betrieb
und für jede offene Verkaufsstelle, in der in der Regel
mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden, ist eine Ar—
beitsordnung zu erlassen, welche Bestimmungen über die
Arbeitszeit, Lohnzahlung, Aufkündigung, zulässigen Strafen
usw. zu treffen hat. Mit Zustimmung eines in seiner
Mehrzahl von den Arbeitern aus ihrer Mitte gewählten
ständigen Arbeitsausschusses können in diese auch Vor—
schriften über das Verhalten der Arbeiter bei Benutzung
der zu ihrem Besten getroffenen Fabrikeinrichtungen,
sowie über das Verhalten der minderjährigen Arbeiter
außerhalb des Betriebes aufgenommen werden. Die
neueste Novelle zur Gewerbeordnung beseitigt die früher
vorgeschriebenen Lohnzahlungsbücher für minderjährige
Arbeiter, führt dagegen aber Arbeitszettel und Lohn-
bücher für alle Arbeiter ein, die Art, Umfang der
Arbeit, Lohnsätze, Lieferungsbedingungen, Termin für
die Ablieferung, Tag der Lohnzahlungen, Namen der
Arbeitgeber und Arbeiter enthalten müssen, um die
häufigen Streitigkeiten wegen Lohndifferenzen zu ver-
hindern. Für die Betriebe der Kleider= und Wäsche-
konfektion ist die Führung von Lohnbüchern unter
dem 14. Februar 1913 geregelt worden. Die Gemeinden
sind berechtigt, die Fortbildungsschulpflicht auf alle ge-
werblichen Arbeiter unter 18 Jahren — bisher bezog
sich diese Befugnis nur auf die männlichen Arbeiter —
auszudehnen.
ind ie. Durch das Hausarbeitsgesetz vom 20. Dezember
1911 sollen mannigfache Ubelstände in der Heimindustrie
abgestellt werden. Das Gesetz schafft neue Mittel, den
Heimarbeitern gesundheitlich einwandfreie Arbeitsstätten
zu schaffen; auch sind die Namen der Heimarbeiter
öOffentlich der Polizeibehörde mitzuteilen, um diese in die