74 J. Das Deutsche Reich.
gehörige Personen beschäftigt werden, in Orten von
weniger als 20000 Einwohnern für eigene Kinder Aus—
nahmen gestattet werden. An Sonn= und Festtagen ist
jede Kinderbeschäftigung, ausgenommen das beschränkt
zulässige Austragen von Waren und sonstige Boten-
gänge, verboten, nur für eigene Kinder sind weitere
Ausnahmen bezüglich der Beschäftigung beim Austragen
von Zeitungen, Milch und Bachwaren festgesetzt. Von
der Beschäftigung fremder Kinder hat der Arbeitgeber
der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen.
Diese stellt auf Antrag oder mit Zustimmung des ge-
setzlichen BVertreters des Kindes eine Arbeitskarte aus,
die vom Arbeitgeber zu verwahren, auf amtliches Ver-
langen vorzulegen und nach rechtmäßiger Lösung des
Arbeitsverhältnisses dem gesetzlichen Vertreter wieder aus-
zuhändigen ist. Für eigene Kinder ist Beine Anzeige
und Beine Arbeitskarte nötig. Die Polizeibehörde kann
bei erheblichen Mißständen auf Antrag oder Anhörung
der Schulbehörde für einzelne Kinder weitergehende Be-
schränkungen oder Entziehung der Arbeitskarte verfügen,
andererseits hatte der Bundesrat unter dem 17. Dezember
1903 und später unter dem 20. Dezember 1905 vor-
übergehend von seiner Ermächtigung Gebrauch gemacht,
für einzelne Arten von Werkstätten zeitweilig Ausnahmen
von den getroffenen Bestimmungen zuzulassen.
Fabrik bzw. Zur Aufsichtführung über die Beobachtung der gesetz-
inspektoren. lichen Bestimmungen betreffs der Beschäftigung von
Kindern und jugendlichen Arbeitern in den Fabriken
beziehentlich entsprechenden Betrieben, sowie betreffs des
Schutzes der Arbeiter in den Fabriken gegen Gefahren
für Gesundheit und Leben sind besondere Beamte — in
Sachsen die Gewerbeinspektoren — berufen, denen bei
Ausübung dieser Aufsicht alle amtlichen Befugnisse der
Ortspolizeibehörden, insbesondere das Recht zur jeder-
zeitigen Revision der Fabriken zustehen, und welche
Jahresberichte über ihre amtliche Tätigkeit erstatten, die
dem Bundesrate und dem Reichstage vorzulegen sind.
Hewerbe- Für die Entscheidung der gewerblichen Streitigkeiten
zwischen Arbeitern einerseits und ihren Arbeitgebern an-
dererseits, sowie zwischen Arbeitern desselben Arbeit-
gebers hönnen durch Ortsstatut für einzelne Gemeinden
oder größere Bezirke besondere Gewerbegerichte er-