88 $5. Quellen des Verwaltungsrechts.
Rückforderungsanspruchs im öffentlichen Recht (unten $ 26).
Dadurch entsteht kein neues Recht. Wohl aber ist möglich, daß
die gewohnheitsmäßige Betätigung eines solchen Satzes sich
schließlich zum Gewohnheitsrecht verdichtet.
II. Die Regel von der Nicht-Rückwirkung der Rechts-
normen gilt grundsätzlich auch im Verwaltungsrecht. Doch
59 v. Kamptz, Rechtsprechung des Preuß. Oberverwaltungsgerichts,
Erg.Bd. 5 (bearbeitet von Genzmer S. 705). Beispiel: Eine elsässische
Gemeinde hat in einem Oktroi-Reglement bestimmt, alle am Tage des
Inkrafttretens des Oktroi-Reglements in der Gemeinde bei Gewerbe-
treibenden vorhandenen oktroipflichtigen Gegenstände müßten versteuert
werden. Das Oberlandesgericht Colmar hat (1911) diese Vorschrift für
ungültig erklärt, weil das Gesetz die Gemeinden nicht ermächtigt habe,
den von ihnen aufgestellten Vorschriften rückwirkende Kraft beizulegen.
(Rhein. Zeitschrift f. Zivil- u. Prozeßrecht IV 122.) Umgekehrt sind nach
der Gesetzgebung des Königreichs Sachsen die Gemeinden befugt, einem
Ortsgesetz über Einführung einer Besitzänderungsabgabe rückwirkende
Kraft beizulegen. Urt. d. Kgl. Sächs. OVG. 25. November 1912 (Jahr-
bücher XIX, 317). Zu einer Rückwirkung führt aber auch der all-
gemeine Grundsatz der preußischen Rechtsprechung, demzufolge für die
Steuererhebung der Rechtszustand zur Zeit der Veranlagung maß:
gebend ist. Ist eine lokale Steuerordnung erst im Laufe eines Steuerjahres
in Kraft getreten, so darf nach preuß. Praxis eine durch sie eingeführte
Jahressteuer schon für die Zeit vom Beginne des Steuerjahres ab gefordert
werden, sofern nur die Veranlagungen für das Steuerjahr erst nach der
Verkündigung der neuen Steuerordnung vorgenommen werden. Ent-
scheidungen des’ Preuß. OVG. Bd. 54, 8. 135; Bd. 57, S. 175. v. Kamptz,
Rechtsprechung des Preuß. OVG., Erg.Bd. V S. 166. Umgekehrt dagegen
ermächtigt eine nach der Veranlagung eines Pflichtigen in Kraft getretene
neue gesetzliche Bestimmung nicht zu einer Nachbesteuerung des bereite
rechtsgültig veranlagten Pflichtigen. Preuß. OVG. in Staatssteuersachen
XV 361. S. ferner DJZ. XIV 1214. Preuß. Ob.-Verw.-Ger. v. 18. April
1893 (Entsch. Bd. 24, S. 362). Rechtsprechung des badischen Verwaltungs-
gerichtshofs III S. 178. Soergel IV 389. Kormann, Rechtsgeschäft-
liche Staatsakte, 1910, S. 364 und Preuß. Verw.-Bl. XXXIII 777.
Thoma, Polizeibefehl I 8. 440. Mit der Frage der Rückwirkung der
Normen des öffentlichen Rechts beschäftigen sich inebesondere der Auf-
satz von Jebens, Lex ad praeterita trahi nequit (Verwaltungsrechtliche
Aufsätze S. 264 ff.) und Stier -Somlo, Einwirkung des bürgerl. Rechts
auf das preuß.- deutsche Verwaltungsrecht S.102ff. W. Jellinek, Ge-
setz, Gesetzesanwendung 1913, S.254ff. Schultzenstein, Verwaltungs-
streitverfahren und neues Recht (DJZ. XVIII 777). Die allgemeine Lite-
ratur bei Gierke, Deutsches Privatrecht 1$23. S. auch unten $ 15, S. 255.