90 $ 5. Quellen des Verwaltungsrechts.
es Auslegungsfrage, ob ein neuer Rechtsatz nur pro futuro wirken,
oder auch auf vorhandene Verhältnisse Anwendung finden soll.°*
e2 Häufig beseitigt der Gesetzgeber selbst die Zweifel. So bestimmt
die Novelle zum Reichsgesetz über den Unterstützungswohnsitz vom
30. Mai 1908, Art. 3, die neuen Vorschriften über Herabsetzung der
Altersgrenze vom 18. auf das 16. Lebensjahr, über die Erwerbung eines
neuen Unterstützungswohnsitzes (l. Jahr) usf., fänden auf alle nach dem
Inkrafttreten der Novelle eintretenden neuen Unterstützungsfälle Anwen-
dung. Wohlers-Krech, Unterstützungswohnsitz, in der Anm. 2 zu $ 10.
— Eine Sache für sich bildet die Frage, ob und wieweit eine Verwaltungs-
streitsache, die unter der Herrschaft des alten Rechts entstanden ist, aber
nach Einführung des neuen Gesetzes zur Aburteilung kommt, nach dem
neuen Rechte zu entscheiden ist. Alles hängt hier davon ab, ob das Ver-
waltungsgericht im konkreten Fall berufen ist, festzustellen, was zur
Zeit des Erlasses der Verfügung Rechtens gewesen ist, oder ob das Ver-
waltungsgericht eine selbständige materielle Entscheidung an Stelle der
Verwaltungsbehörde zu treffen hat. Nur in dem letzten Fall kann von einer
Rückwirkung des neuen Rechts die Rede sein. Vgl. darüber Stier-Somlo,
Einwirkung des bürgerl. Rechts S. 114. Zeitschr. f. Bad. Verwaltung 1911,
8.227. Rechtsprechung des Bad. Verwaltungsgerichtshofs III S. 178—179.
Kgl. Sächs.OVG. 20. März 1912 (Jahrbücher XVIII 3. 289).