Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 6. Staatsverwaltung und Selbstverwaltung. 97 
2. Es wurde soeben erwähnt, daß der Staat kein Monopol 
auf die öffentliche Verwaltung besitzt. In den Gemeinden und 
gewissen Kommunalverbänden höherer Ordnung (württembergische 
Amtskörperschaften, preußische Provinzen und Kreise u. dgl.)haben 
sich lokale Gemeinwesen historisch entwickelt mit einem eigenen, 
vom Staate verschiedenen Lebenszweck.'” Den Kern dieser Ver- 
waltung hat überall die Verwaltung des eigenen Vermögens, die 
wirtschaftliche Verwaltung, gebildet. Aber in der Folge ist die 
Verwaltung auf die Befriedigung aller lokalen Bedürfnisse aus- 
gedehnt worden: Anlegung von Ortsstraßen, kommunale Wasser- 
versorgung, Feuerlöschwesen; in einzelnen Staaten auch die 
Handhabung der Ortspolizei u. a. m. Auf diese Weise ist im 
Gegensatz zum Kompetenzbereich der übertragenen staatlichen 
Verwaltung der Begriff eines eigenen Wirkungskreises der Kom- 
munen entstanden, mit denen der Staatsgesetzgeber als einer 
gegebenen Größe zu rechnen hat. 
III. Die soeben besprochenen Verbände führen das ihnen 
vom Staate übertragene oder zu freier Verfügung überlassene 
Stück öffentlicher Verwaltung durch Organe, die sie regelmäßig 
selbst bestellen.'* Bei dieser Art der Geschäftsbesorgung werden 
  
  
der Fluchtlinien- und Bebauungspläne für das Verbandsgebiet und Mit- 
wirkung an dem Erlasse von Baupolizeiverordnungen; Erwerbung und 
Erhaltung größerer, von der Bebauung freizuhaltender Fläciien (Wälder, 
Parks, Wiesen, Seen, Schmuck-, Spiel- und Sportplätze usw.)‘“. Der Zweck- 
verband bildet nach $ 3 einen Komunalverband zur Selbstverwaltung 
seiner Angelegenheiten mit den Rechten einer Korporation. Er führt die 
Bezeichnung „Verband Groß-Berlin‘, sein Sitz ist die Stadt Berlin. Vgl. 
den Kommentar zu den beiden zitierten Gesetzen von Karl Friedrichs 
(1912), ferner die Aufsätze von Büchtemann und von Hue de Grais 
in der DJZ. XVI 258, 297. E. Wirckau, Das preuß. Zweckverbands- 
gesetz 1913 (Abhandlungen a. d. jur. staatswissenschaftl. Seminar d. 
Universität Marburg Heft 16). Vgl. ferner unten $7. 
15 Württembergische Verfassungsurkunde vom 25. September 1819, 
$ 62: „Die Gemeinden sind die Grundlage des Staats-Vereins.‘‘ Badische 
Gemeindeordnung (Fassung v. 1910) $ 6: ‚Jede Gemeinde hat das 
Recht, die auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegen- 
heiten zu besorgen und ihr Vermögen selbständig zu verwalten.‘‘ Preu- 
Bische Landgemeindeordnung vom 3. Juli 1891 $ 5. 
16 Interessenten sind in erster Linie die Mitglieder des Verbandes. 
Aber neben ihnen können eventuell auch interessierte Nicht-Mitglieder 
Organfunktionen ausüben. Dies trifft z. B. zu bei den Ortskrankenkassen 
Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3, Aufl. 7
	        
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