$ 7. Die Selbstverwaltungskörper. 105
2. Staatsverwaltung und Selbstverwaltung berühren und er-
gänzen sich gegenseitig. Darum hat die Gesetzgebung Selbstverwal-
tungsverbände häufig an die staatlichen Verwaltungseinrichtungen
angelehnt, ja sogar Bindeglieder zwischen beiden hergestellt.!?
II. In der Gesamtorganisation der öffentlichen Verwaltung wer-
den die Selbstverwaltungskörper durch zwei Merkmale charakteri-
siert: durch ihren Wirkungskreis und durch die Unterwerfung
unter die Staatsaufsicht.
l. Sein Wirkungskreis ist jedem Selbstverwaltungskörper
vorgezeichnet entweder durch die ganze historische Entwicklung,
dergestalt, daß der moderne Gesetzgeber damit als mit einem ge-
gebenen Begriffe rechnet (Gemeinden), oder durch das Staatsgesetz,
das den Selbstverwaltungskörper ins Leben gerufen hat. Auf
diesen besonderen Wirkungskreis ist die Organisation des Selbst-
verwaltungskörpers zugeschnitten. Die Schranken seiner Kom-
petenz sind für jeden Selbstverwaltungskörper die Grenzen seines
rechtlichen Dürfens.
Königreichs Sachsen, 1909, S. 294. Art. „„Gutabezirke (selbständige)‘‘ von
F.W. Schmidt und Seyffarth im WB d. VerwR? II 299, 304.
13 Die äußerlichste Anlehnung liegt vor, wenn das Gesetz die Selbst-
verwaltungsbezirke mit den Staatsverwaltungsbezirken zusammcenfallen
läßt. (E. v. Meier in der Encyklopädie der Rechtswissenschaft von
Holtzendorff und Kohler II S. 645. Georg Meyer- Anschütz, Staats-
recht S. 393.) Eine organische Verbindung mit der Staatsgewalt, aber
auch eine Beschränkung der Selbstverwaltung, wird herbeigeführt, wenn
der Staatsverwaltungsbeamte von Amteswegen dem Selbstverwaltungs-
organ angehört. Vgl. z. B. die preußische Kreisordnung v. 13. Dezember
1872 $ 130: „Zum Zwecke der Verwaltung der Angelegenheiten des Kreises
und der Wahrnehmung von Geschäften der allgemeinen Landesverwaltung
wird ein Kreisausschuß bestellt.‘“ Der Kreisausschuß besteht ($ 131) aus
dem Landrate (d. h. dem staatlichen Verwaltungsbeamten) als Vorsitzen-
dem und 6 Mitgliedern, welche von der Kreisversammlung (dem obersten
Organ des Selbstverwaltungskörpers Kreis‘) aus den Kreisangehörigen
gewählt werden. Hue de Grais, Handbuch der Verfassung und Ver-
waltung?! $3 54—58. — Ebenso besteht nach der Württembergischen Be-
zirksordnung vom 28. Juli 1906, Art. 37, der württembergische Bezirks-
rat aus dem Oberamtsvorstand (d. h. dem staatlichen Verwaltungs-
beamten) und aus 6 Mitgliedern, welche von der Amitsversammlung (dem
Organ des Selbstverwaltungskörpers ‚„Amtskörperschaft‘‘) gewählt werden.
Das Gesetz unterscheidet bei der Aufzählung der Kompetenzen des Bezirks-
rats Geschäfte „auf dem Gebiete der Amtskörperschaftsverwaltung‘
(Art. 39£f.) und Geschäfte „auf dem Gebiet der staatlichen Verwaltung‘
(Art. 40ff.).