$ 9. Inhalt der verwaltungsrechtlichen Verhältnisse. 135
öffentliche Recht versagt, durch eine privatrechtliche Regelung
der Rechtsverhältnisse zu gewinnen. Diese Praxis entspringt dem
Bestreben, den Bürger auf diesem Wege zu Leistungen zu ver-
pflichten, die ihm in öffentlichrechtlicher Form nicht können
aufgebürdet werden. Notwendige Voraussetzung hierfür ist so-
mit, daß die Behörden eine Handhabe besitzen, den Bürger
zum Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages mit ihnen zu
veranlassen. Dies trifft zu in Fällen, in denen der Bürger eine
von ihm angestrebte Tätigkeit nur auf Grund einer behördlichen
Erlaubnis oder Zustimmung ausüben darf, deren Erteilung ganz
oder teilweise von dem Ermessen der Behörde abhängt (gewerbe-
polizeiliche oder baupolizeiliche Erlaubnis; Dispens von einem
Bauverbot u. a. m.). Hier ist es daher der Behörde möglich, die
Erlaubnis erst zu erteilen, nachdem sich der Bürger seinerseits
zu privatrechtlichen Zusagen an die öffentliche Verwaltung ver-
pflichtet hat (unentgeltliche Abtretung von Vorgartenareal,
Sicherstellung von Anliegerbeiträgen usf.)’ Die Zivilgerichte
schützen im Allgemeinen derartige Verträge. Allein zu Unrecht.
Wenn der Gesetzgeber eine Materie dem öffentlichen Recht
unterstellt, so schließt er damit für sie regelmäßig die Anwen-
dung des Privatrechts aus.” Die Behörde kann einen Rechtserfolg
5 Vgl. z.B. Urt. des RG. in Zivils. vom 16. Dez. 1902 (Entsch.
Bd. 53, S. 187): Um den Widerspruch des Magistrats gegen sein Kon-
zessionsgesuch auszuschalten (GewO. $ 33, Abs. 4), verpflichtet sich ein
Wirt dem Magistrat gegenüber vertraglich, keine Gartenkonzerte zu
veranstalten, wiewohl ihm dies nach der GewO. nicht hätte verwehrt
werden können. — Weitere Beispiele bei Stölzel, Rechtsweg und Kom-
petenzkonflikt, S. 48. Urt. des RG. in Zivils. v. 21. Mai 1892 (Gruchots
Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts XXX VIS. 1183). Fleiner,
Einzelrecht und öffentliches Interesse, S. 29ff. Thelemann, Die Servitut
als privatrechtliches Mittel zur Unterstützung städte- und straßenbau-
licher Bestrebungen im Einzelfalle (Preuß. Verw.Bl. XXXIV 118).
6 Reichsgericht in Zivils. Bd. 67, 8.291; Bd. 73, 8.19. J. Biermann,
Die Zulässigkeit von Dienstbarkeiten zum Vorteile der Allgemeinheit
(Festgabe, Otto Gierke dargebracht von Schülern, Freunden und Ver-
ehrern, 1911, S. 89).
'” Hier gilt die alte Rechtsregel: Quum quid una via prohibetur
alicui, ad id alia non debet admitti (De regulis iuris, in Sexto). — Eine
Ausnahme: Der Staat greift regelmäßig zur Expropriation erst, nachdem
er ein Grundstück nicht durch Abschluß eines privatrechtlichen Kauf-
vertrages hat an sich bringen können. Beide Wege, der privatrechtliche