136 $ 9. Inhalt der verwaltungsrechtlichen Verhältnisse.
nicht auf privatrechtlichem Weg erreichen. Infolgedessen erzeugt
ein auf diesem Gebiete zwischen Behörde und Untertan geschlossener
Vertrag keine Rechtswirkungen. Wenn daher eine Gemeinde sich
von einem Straßenanlieger Leistungen versprechen läßt, die am
geltenden Baurecht keinen Rückhalt haben (unentgeltliche Ab-
tretung einer Grundstücksparzelle; die Zusage, bestimmte Streifen
nicht zu überbauen usw.), so wird dadurch weder ein privates,
noch ein öffentliches Recht der Gemeinde begründet. Daher
kann auch eine solche Verpflichtung nicht als Last des Anlieger-
grundstückes in das Grundbuch eingetragen werden;° es fehlt
ihr ein materieller Rechtsgrund.
Il. Für die Bestimmung der rechtlichen Natur eines Rechts-
verhältnisses ist im Allgemeinen unerheblich, was auf Grund
dieses Rechtsverhältnisses geschuldet wird. Leistungen, die sich
kraft öffentlichen Rechtes Staat und Bürger gegenseitig schul-
den, können auch Gegenstand eines privatrechtlichen Verhält-
nisses bilden: Geldzahlungen, Leistung von Diensten, Beschrän-
kungen des Eigentums usf. Über den juristischen Charakter
eines Rechtsverhältnisses entscheidet einzig, ob es im öffent-
lichen Recht oder im Privatrecht wurzelt. Das zeigt sich deut-
lich bei der Erfüllung öffentlicher Pflichten auf der Staat-, wie
auf der Untertanenseite. Ob die für staatliche Zwecke gewon-
nenen Dienste von einem durch öffentlichrechtliche Anstellung
berufenen Beamten oder von einem privatrechtlich verpflichteten
Arbeiter geleistet werden, ändert an der Natur der Dienst-
leistungen nichts. Ebenso stehen, wenn das öffentliche Recht
den Untertan verpflichtet, dem Staate öffentliche Abgaben zu
und der öffentlichrechtliche, stehen von Anfang an offen. Dies beruht
jedoch nicht auf einer Sondervorschrift der Expropriationsgesetzgebung,
sondern auf dem in $ 20 darzustellenden Dualismus, demzufolge die
Herrschaft des Staates über seine Sachen den Normen des Privatrechts
untersteht und der Staat infolgedessen unabhängig von seiner Öffentlich-
rechtlichen Stellung Eigentum in den gewöhnlichen privatrechtlichen
Formen erwerben kann.
8 RG.in Zivils. 7.Juni 1902 u.11.O0kt.1905 (Entsch. Bd. 51,S.418; Bd.61,
8.338). Bad. Rechtspraxis, 1908, S.72. DJZ. XVI 478 (unten). — Um der-
artigen Zusicherungen eine Existenz in öÖffentlichrechtlicher Form zu
verschaffen, haben deshalb das Königreich Sachsen und das Großherzog-
tum Baden in ihren Baugesetzen solche freiwilligübernommenen Pflichten zu
öffentlichrechtlichen Lasten der Grundstücke ausgestaltet. Vgl. unten$11.