138 $ 10. Subjekte der verwaltungsrechtlichen Verhältnisse.
tanen. Staat und Untertan sind daher die Subjekte der ver-
waltungsrechtlichen Verhältnisse! Durch die Ungleichheit der
beteiligten Personen und die Verschiedenwertigkeit der beider-
seitigen Interessen unterscheiden sich diese Verhältnisse scharf
von denen des Privatrechts. Andrerseits aber erzeugen sie,
wie die Obligationen des Privatrechts, persönliche Rechts-
beziehungen.
1. Dieser rein persönliche Charakter zeigt sich auf der Staat-
seite darin, daß der Staat aus dem Rechtsverhältnis nicht aus-
scheidet, auch wenn er die Geltendmachung der einzelnen
daraus entspringenden Ansprüche einem Privaten übertragen
hat. Daher verändert sich in solchen Fällen die Natur der von
den Untertanen geschuldeten Pflichten nicht: die Pflichten des
Expropriaten sind dieselben, mag als Expropriant der Staat oder
aber eine mit dem Expropriationsrechte ausgestattete private
Eisenbahngesellschaft auftreten;? die von den Untertanen zu
entrichtenden Steuern, Gebühren und Beiträge behalten den
Charakter von öffentlichrechtlichen Abgaben, auch wenn Staat
oder Gemeinde ihre Erhebung an einen Privatmann verpachtet
haben? u. a. m.*
2. Ebenso deutlich wie auf der Staatsseite tritt der rein per-
sönliche Charakter des Rechtsverhältnisses auf der Untertanen-
ı Über den Begriff des Rechtsverhältnisses im weiteren Sinne. v. Tuhr,
Allg. Teil der Deutschen Bürgerl. Rechts I,S. 125. — Außer Betracht
bleiben hier die Beziehungen zwischen den Trägern der öffentlichen Ver-
waltung selbst (zwischen Staat und Gemeinden, zwischen Gemeinden und
Gemeinden usf.); von ihnen ist oben ($$ 6 u. 7) die Rede gewesen. Unbe-
rücksichtigt bleiben ferner die sog. öffentlichrechtlichen Gesamtverhält-
nisse; vgl. darüber oben $.4.
2 Layer, Prinzipien des Enteignungsrechts, 1902, S. 227ff. Otto
Fischer, Expropriationsverträge, 1910, S. 7ff.
3 Bayrischer Verwaltungsgerichtshof 18. Okt. 1899 und 27. Nov. 1903
(Sammlung von Entsch. des bayr. VGH. XXI S.5, XXV S. 25 und die
dort zitierten Urteile). Kamptz u. Delius, Rechtsprechung des Reichs-
und Kammergerichts auf den Gebieten des öffentlichen Rechts I S. 201.
* Ein verwandtes Beispiel: Die Staatsbahn 'bleibt ein Unternehmen
des Staats, trotzdem der Betrieb vertraglich einer Privatgesellschaft über-
lassen ist. Königl. Sächs. Oberverwaltungsgericht 25. Januar 1902 (Jahr-
bücher des Kgl. Sächs. OVG. II S. 58); es handelte sich um das Bedenken,
an wen sich die staatliche Polizei bei der Auferlegung polizeilicher Pflichten
zu halten hatte, an den Staat oder an die Gesellschaft.