$ 10. Subjekte der verwaltungsrechtlichen Verhältnisse. 149
Eine Stellvertretung mit öffentlichrechtlicher Wirkung liegt
dagegen vor, wenn sie vom Gesetz für ein bestimmtes Öffentlich-
rechtliches Verhältnis ausdrücklich zugelassen worden ist, oder
wenn sie sich als notwendiger Ausfluß einer gesetzlichen Vertre-
tung darstellt, vermöge deren der Vertreter in allen vermögens-
rechtlichen Beziehungen an Stelle des Vertretenen rechtswirk-
sam zu handeln hat. Beispiele bilden einerseits die Vorschrift
der Reichsgewerbeordnung $ 45, derzufolge die Befugnisse zum
stehenden Gewerbebetriebe durch Stellvertreter ausgeübt wer-
den können, ®® andrerseits die gesetzliche Stellvertretung des Vor-
mundes für den Mündel,* des Konkursverwalters für den Ge-
meinschuldner usf. Soweit die Behörde das Stellvertretungs-
verhältnis anzuerkennen hat, sind von ihr die Handlungen, die
letzt hat, möglicherweise strafrechtlich verantwortlich. Urteil des
bayr. Oberst. Landesgerichts in Strafsachen v. 6. Dez. 1906 (Reger,
XXVII S. 462). — In seiner neuesten Praxis hat das Preußische Kammer-
gericht die Auffassung zur Geltung gebracht, eine Polizeiverordnung
könne die Pflicht zur Treppenbeleuchtung eines Miethauses nicht bloß
dem Eigentümer, sondern neben ihm auch dem Hausverwalter auferlegen.
Urt. d. Kammergerichte v. 15. März 1909 bei Johow, Jahrbuch Bd. 37,
C 4. Dagegen ist eine Polizeiverordnung ungültig, welche an Stelle des
Hauseigentümers ausschließlich den Hausverwalter für die Erfüllung
der Eigentümerpflichten (Streupflicht usf.) strafrechtlich für verantwort-
lich erklärt. Kammergericht 21. Dezember 1911 (Soergel V 40).
— Über die zivilrechtliche Haftung des Gehilfen auf Grund des
BGB. 823 oder $ 831, vgl. Kamptz und Delius, Rechtsprechung des
Reichsgerichts II 8. 427. Reichsgericht in Zivilsachen Bd. 63, S. 308.
Gruchot, Beiträge z. Erläuterung des deutschen Rechts Bd. 55, Bei-
lagenband $. 970 (Urt. d. Reichsgerichts v. 24. November 1910).
39 Vgl. GewO. $5 45—47. Landmann, GewO. 1° S. 486ff. v. Sey-
del- Schecher, Gewerbepolizeirecht, 1910, S. 41ff. Kogl. Sächs. OVG.
16. Dezember 1911 (Jahrbücher XVIII 24, Reger, XXXII 434).
4° Vgl. auch BGB. $ 1385: „Der Mann ist der Frau gegenüber ver-
pflichtet, für die Dauer der. Verwaltung und Nutznießung zu tragen:
l. die der Frau obliegenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der auf
dem Vorbehaltsgute ruhenden Lasten... .‘. $ 1388: ‚Soweit der Mann
nach den $$ 1385 bis 1387 der Frau gegenüber deren Verbindlichkeiten zu
tragen hat, haftet er den Gläubigern neben der Frau als Gesamtschuldner.‘
Schultzenstein, Die Tragung öffentlicher Lasten durch den Ehemann
und den Inhaber der elterlichen Gewalt nach dem BGB. (Archiv fürBürgerl.
Recht, Bd. 29 S. 168ff.; Bd. 33, S. 187ff.; Bd. 38, S. 265). Saran, im
Preuß. Verw. Bl. XXXIV 775.