Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

154 $ 11. Öffentliche Pflichten und öffentliche Rechte. 
8 11. Öffentliche Pflichten und öffentliche Rechte. 
Die öffentlichen Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Unter- 
tan zeichnen sich aus durch die Ungleichheit der beteiligten 
Subjekte. Die Herrschergewalt verleiht der öffentlichen Behörde 
die Fähigkeit, den Untertanen einseitig Leistungen aufzuerlegen. 
Ob diese in positiven Handlungen (Leistung von Diensten, Sach- 
werten) oder in einem Unterlassen (Bauverbot) oder in einem 
Dulden (Zwangsenteignung) bestehen, macht keinen Unterschied. 
Die einzelnen von der Behörde gegen den Untertan erhobenen 
Ansprüche gründen sich somit nicht auf subjektive staatliche 
Rechte,! sondern sind Ausflüsse der staatlichen Kompetenz. 
Anders verhält es sich auf der Seite des Untertans. Von einem 
allgemeinen Forderungsrechte gegenüber der öffentlichen Gewalt 
ist hier keine Rede. Die Gesetzgebung hat genau bestimmt, auf 
welche einzelne positive Leistungen oder Unterlassungen der 
Untertan Anspruch besitzt. Damit ist gesagt, daß sich auch 
von dieser Seite her öffentliche Rechtsverhältnisse zwischen 
Untertan und Herrscher entwickeln." Aus diesen Erörterungen 
folgt, daß sowohl öffentliche Verwaltung wie Untertan Träger 
von öffentlichen Ansprüchen und Rechtspflichten sein können, 
die in letzter Linie ihren Ursprung in dem erwähnten einen 
großen Gewaltverhältnis haben. Das juristisch Eigenartige liegt 
in der rechtlichen Bindung des Herrschers Staat gegenüber dem 
Untertan. Der rechtsstaatliche Sprachgebrauch hat dies fest- 
Betätigung des Pflichtigen. Bleibt diese aus, so muß der widerstrebende 
Wille des Pflichtigen durch Zufügung von Rechtsnachteilen (Exekutiv- 
strafen usf.) gebrochen werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die 
Mittel (Zwang und Strafe), welche auf einen Willen einwirken sollen, gegen 
einen physischen Menschen zu richten, weilnur ein solcher sie empfindet und 
nur auf diesem Wege daher der konkrete angestrebte Erfolg erreicht wird. 
ı Wie in der Periode der landesherrlichen Hoheitsrechte. Vgl. 
oben $3. Vgl. auch L. Michoud, la personnalit6 et les droits subjectife 
de /’Etat dans la doctrine frangaise contemporaine (Festschrift Otto 
Gierke dargebracht, 1911, S. 493). 
ie Willenserklärungen mit rechtlicher Wirkung kann auch auf dem 
Boden des öffentlichen Rechts nur die geschäftsfähige Person abgeben. 
W. Schönborn, Altersstufen u. Geschäftsfähigkeit im öffentlichen Recht 
(Archiv f. öff. R. XX1V 126); Kormann, in den Annalen d. Deutschen 
Reichs 1911, S. 910. Rechtsgeschäftl. Staatsakte S. 285 fg. W. Jellinek, 
Fehlerhafter Staatsakt S. 87.
	        
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