Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

158 $ 11. Öffentliche Pflichten und öffentliche Rechte. 
Befehlsgewalt dieser Behörde ist aber nichts anderes, als die 
öffentliche Gewalt selbst, die sich für die Erreichung dieses be- 
sonderen Verwaltungszweckes besondere Zwangsmittel (Diszi- 
plinarmittel u. dgl.) ausgebildet hat. Wie oben ($ 4) näher ist 
dargelegt worden, bilden Anstaltsverordnungen, Verwaltungs- 
regulative usf. die Formen, in welche diese erwähnten allgemeinen 
Dienstbefehle eingekleidet werden.® 
3. Kann der Einzelne öffentliche Pflichten auch freiwillig 
übernehmen? Man beruft sich, um die Zulässigkeit eines solchen 
Verfahrens darzutun, auf das Beamtenverhältnis, das von Ge- 
setzeswegen regelmäßig nur mit Zustimmung des Betroffenen 
begründet werden kann?. Das beweist jedoch nur, daß zu den 
gesetzlichen Voraussetzungen eines vom Gesetze fest geordneten 
Rechtsverhältnisses die Einwilligung des Betroffenen gehört. Da- 
mit ist aber die ganz andere Frage noch nicht beantwortet, 
ob der Bürger durch eine der Verwaltungsbehörde gegen- 
über abgegebene Willenserklärung neue öffentliche Pflichten be- 
gründen kann, die weder zu den allgemeinen Untertanenpflichten 
der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen.‘‘ Wie weit 
unterliegen Handlungen des Privatlebens, außeramtliche Akte, der 
Kontrolle der vorgesetzten Dienstbehörde?! wie weit darf diese den 
Beamten für solches außeramtliches Verhalten Anweisungen und Befehle 
erteilen und ihn zur Rechenschaft ziehen? Daa läßt sich nur von Fall 
zu Fall beurteilen. Als Regel muß gelten, daß die Handhabung der 
Dienstgewalt nie zu einer völligen Lahmlegung bürgerlicher oder staats- 
bürgerlicher Rechte des Beamten führen darf. Max Ernst Mayer, 
Der rechtswidrige Befehl des Vorgesetzten (in der Festgabe der rechts- 
und staatswissenschaftlichen Fakultät Straßburg f. Paul Laband, 1908). 
Laband, Staatsrecht, 15 S.460ff. P. Heilborn, DiePflicht der preußischen 
und der Reichsbeamten zur Befolgung rechtswidriger Dienstbefehle (Fest- 
schrift Otto Gierke dargebracht, 1911, S. 125). Dieselbe Schranke be- 
steht für die Gewalt der militärischen Vorgesetzten insbesondere auch 
segenüber dem bürgerlichen Leben der Reserveoffiziere (Literatur bier- 
über im WB .d. VerwR2 II 848. 859). F. v. Marschall, Verantwort- 
lichkeit und Gegenzeichnung bei Anordnungen des obersten Kriegsherrn 
S. 378 ff., 435 ff. 
8 Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I 8.435 weist dies 
insbes. nach für die sog. Finanzregulative. Über die Anstaltsverordnungen: 
Thoma, Polizeibefehl im Badischen Recht I S. 347ff. Otto Mayer, 
Staatsrecht des Königreichs Sachsen, S. 185—186,. 
® Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht I 8. 98.
	        
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