$ 11. Öffentliche Pflichten und öffentliche Rechte. 161
sich bei der Übernahme einer Verpflichtung, ein Grundstück
nicht oder nur teilweise zu überbauen'* u.a.m. Der Bürger
übernimmt in solchen Fällen eine Mehrleistung über das ge-
setzliche Maß hinaus regelmäßig nur, um dadurch ein Hinder-
nis zu beseitigen, das der Erteilung einer Polizeierlaubnis, einer
Dispensation, einer Konzession u. dgl. im Weg gestanden hat.
Sobald sich aber der Bürger von dem festen Boden des Ge-
setzes entfernt, so entsteht für ihn die Gefahr, daß er sich unter
dem Drucke der äußeren Umstände zu einer Überspannung seiner
Versprechungen bereit finden läßt.” Hier gewährt die Rechts-
ordnung Schutz. Der Satz, daß ein Rechtsgeschäft, das gegen
die guten Sitten verstößt, nichtig ist (BGB. $ 138), gilt auch
im öffentlichen Recht.!* Der Verfügung der Behörde, die sich
suchsteller hatte der Magistrat die Schankkonzession erteilt, „solange die
Räume zum Betrieb einer Herberge benutzt werden‘; das Oberverwaltungs-
gericht erklärte diese Schankkonzession für ungültig.
14 Walz, in der Zeitschrift für badische Verwaltung und Verwaltungs-
rechtspflege, Bd. 35 (1903) S. 246.
15 Zum „abscheulichen Exempel“ soll hier auf folgende Praxis preu-
Bischer Gemeindebehörden hingewiesen werden: Der $12 des preuß.
Fluchtliniengesetzes vom 2. Juli 1875 ermächtigt die Gemeinden, durch
Ortsstatut festzustellen, daß an Straßen, die noch nicht fertig hergestellt
(d.h. erst projektiert) sind, „Wohnhäuser, die nach diesen Straßen einen
Ausgang haben, nicht errichtet werden dürfen.‘“ Verwaltungsbehörden und
Gerichte halten jedoch dafür, daß die Gemeinden von einem solchen orts-
statutarischen Bauverbot dispensieren dürfen. Die Dispensation wird
jedoch, nach einer festen Praxis, erst gewährt, nachdem sich der Gesuch-
steller zu einer ganzen Reihe von Zugeständnissen verpflichtet hat, die
ihm die Gemeinde als conditio sine qua non auferlegt, z. B.: Kaution
für Anliegerbeiträge, unentgeltliche Abtretung von Grundeigentum
an die Gemeinde; Beschränkungen der Baufreiheit u. a. m. Vgl. darüber
Piutti und Bredt, Das kommunale Bauverbot, 1909 (Arbeiten zum
Handels-, Gewerbe- und Landwirtschaftsrecht, herausgegeben von E.
Heymann, Nr. 2). P. Alexander-Katz, Ortsstatutarische Bauverbote
in Preußen, 1911. — Gegen die im Text vertretene Auffassung und für
die Zulässigkeit der charakterisierten Praxis: Dierschke, Örtesstatuta-
rische Bauverbote, 1907 (dazu die Kritik von Fleiner, im Archiv für
öffentl. Recht XXIII 524) und Dierschke, Die Reformbedürftigkeit des
kommunalen Bauverbots (Verwaltungsarchiv XVII 441. DBenkard,
Verträge über Ausnahmen vom statutarischen Bauverbote (Verwaltungs-
archiv XVII 359). Reichsgericht in Zivilsachen Bd. 67, S. 291.
16 Die Neue Bauordnung f. Württemberg v. 1910 schreibt vor ($ 99
Abs. 3), die Rechtsgültigkeit von Erklärungen, in welchen der Eigentümer
Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3. Aufl. 11