Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

& 1. Verwaltung. 7 
in der Verwaltung in der Tat eine große Rolle. Der Verwaltung 
eigentümlich ist es aber nicht.’ Denn dem Richter überträgt das 
Gesetz in gleicher Weise nicht selten die Aufgabe, innerhalb 
eines bestimmten Rahmens sein freies Ermessen walten zu lassen, 
z. B. eine Schadenersatzsumme nach selbständiger Würdigung 
aller in Betracht fallenden Momente zu bemessen.’° Es ist der 
Gegensatz von freier und gebundener Tätigkeit, der hier in die 
Erscheinung tritt. Der Verwaltungsbeamte, der das Gesetz voll- 
zieht, nimmt somit keine andere Tätigkeit vor, als der Richter, 
der nach Maßgabe des Gesetzes Recht spricht. 
Aber — und darin liegt der Unterschied zwischen Justiz und 
Verwaltung — für die Justiz ist die Anwendung des Rechts 
Selbstzweck, für die Verwaltung nur Mittel zum Zweck. Die 
Justiz hat durch ihre Urteile festzustellen, was nach dem gelten- 
den Gesetze Rechtens ist, unbekümmert darum, welche Folgen 
daraus für den Staat und die Betroffenen entstehen. Die 
Verwaltung dagegen hat das Gemeinwohl zu fördern, Nütz- 
liches zu schaffen. Der Verwaltung Lebenselement ist das 
Handeln, das aktive Eingreifen, das unmittelbare Herbeiführen 
eines bestimmten materiellen Erfolges. Ihre Richtschnur ist 
die Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit. Insofern kann man die 
Verwaltung die ‚„handelnde Staatsgewalt‘‘ nennen, im Gegen- 
satz zur Gesetzgebung und Rechtsprechung, die sich in der Er- 
klärung von Willensentschlüssen erschöpfen. Aber ihre ganze 
Tätigkeit vermag die Verwaltung nur innerhalb der Rechts- 
ordnung zu entfalten. Vom Rechte werden ihrem Handeln die 
Schranken aufgerichtet. Die Verwaltung wendet jedoch das 
Recht nicht an, in der Absicht, ihm um seiner selbst willen zu 
dienen und seinen Sätzen zum Siege zu verhelfen, sondern um 
unter dem Schutz des Rechts einen bestimmten, außerhalb der 
Rechtsverwirklichung liegenden materiellen Erfolg zu erreichen. 
Nach seinen Zielen beurteilt ist der Verwaltungsbeamte nicht 
Ordnung und zur Abwendung der dem Publico oder einzelnen Mitgliedern 
desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizei.“ 
° Jellinek, Allg. Staatslehre? S. 616 fg. 
10 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I 2 S. 725. F. 
Stier-Somlo, Das freie Ermessen in Rechtsprechung und Verwaltung 
(Staatsrechtliche Abhandlungen, Festgabe für Laband, II S. 445ff.).
	        
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