180 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte.
Ihr Inhalt muß mit dem Gesetze im Einklang stehen und zweck-
mäßig sein. Gleichgültig ist, ob das Gesetz der Behörde den Inhalt
der Verfügung genau vorgezeichnet, oder ob es ihr Spielraum für
ein weitgehendes freies Ermessen gelassen hat.?° Die Verfügung
muß nach allen diesen Richtungen einen Rückhalt am Gesetze be-
sitzen und kann daher vom betroffenen Bürger wegen Gesetz-
widrigkeit und wegen Unzweckmäßigkeit angefochten werden.?!
Die Gesetze schreiben im Einzelnen vor, in welcher Form die
verschiedenen Arten der Verfügungen zu erlassen sind: ob Schrift-
lichkeit erforderlich ist, oder ob mündliche Mitteilung genügt.??
Es kann sogar die Gesetzesform vorgeschrieben sein; da-
durch soll der Volksvertretung die Zustimmung zu der be-
treffenden Verfügung vorbehalten werden.”® Die Regel bildet
20 Vol. z. B. die bekannte alleemeine Ermächtigung an die Adresse
der preußischen Polizeibehörden im Allgemeinen Preußischen Landrecht Il
Titel 17 810: „Die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen
Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und für Abwendung der dem Publiko oder
einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das
Amt der Polizei.“ Bornhak, Das Polizeiverfügungsrecht in Preußen
(Verwaltungsarchiv V S. 137).
21 Die Frage, ob eine Verfügung rechtlich unbegründet oder bloß
unzweckmäßig ist, wird von großer Bedeutung, wenn in einem Staate
eine Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht. Im allgemeinen erstreckt sich
die Aufgabe der Verwaltungsgerichte lediglich darauf, rechtswidrige Ver-
fügungen aufzuheben. Die Abänderung einer unzweckmäßigen Verfügung
ist dagegen ausschließlich Sache der höheren Verwaltungsbehörde (vgl.
unten $ 14). — Die Behörde muß ihre Verfügung soweit begründen, daß
deın Betroffenen die Möglichkeit gegeben ist, die Verfügung anzufechten.
(Entscheidungen des Preuß. Oberverwaltungsgerichts Bd. 45, S. 428.)
22 Über die Frage, ob jede schriftliche Verfügung die Unterschrift
des verfügenden Beamten tragen muß s. Entscheidungen des Preuß.
Oberverwaltungsgerichts Bd. 31, S. 428.
23 Beispiele: Das badische Schulgesetz vom 7. Juli 1910 bestimmt in
$ 137, Abs. 2: „Kirchlichen Korporationen und Stiftungen ist die Errich-
tung einer Lehr- und Erziehungsanstalt nur auf Grund eines besonderen
Gesetzes gestattet. Die Erteilung von Unterricht an Lehranstalten durch
Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen bedarf
der Genehmigung durch die Staatsregierung.‘‘ Ebenso ermächtigt die
Reichsverfassung in Artikel 41, Abs. 1 das Reich, durch Gesetz Eisen-
balınkonzessionen an Private zu erteilen. Derartige Gesetze stellen cha-
rakteristische Beispiele für den Begriff des sog. bloß formellen Gesetzes dar.
Vgl. darüber Laband, Staatsrecht 115 S. 61ff.; P. Schoen, Die for-