$ 12. Auspruch- und pflichtbegründende Staatsakte. 183
öffentlichrechtliche Verträge.”” Sie hat ihre Auffassung insbe-
sondere an der Lehre von der Begründung des Beamtenverhält-
nisses entwickelt. Dieser Ansicht kann jedoch nicht beige-
pflichtet werden.’ Die Anstellung des Beamten und des Offiziers,
wie die Naturalisation des Ausländers kommt durch eine einseitige
Verfügung der Behörde zustande, aber durch eine Verfügung,
die von der Behörde nur erlassen werden darf mit Zustimmung
des betroffenen Bürgers. Die Zustimmung des Bürgers —
die auch in seinem Antrag enthalten sein kann — bildet mit an-
dern Worten eine gesetzliche Voraussetzung (condicio iuris) für
‘die Rechtsgültigkeit der Verfügung. Die Einseitigkeit des ganzen
rechtlichen Vorgangs wird in helles Licht gerückt, so oft die Staats-
angehörigkeit dem Ausländer ohne Rücksicht auf seine Ein-
willigung infolge Anstellung verliehen oder ein Privater gemäß
gesetzlichen Amtszwanges genötigt wird, Beamter zu werden.
Und doch unterscheidet sich dieser Vorgang weder in der äußeren
Form, noch in seiner juristischen Natur und seinen Rechtsfolgen
von den oben besprochenen Erscheinungen.?! Der Vertrag setzt
Gleichordnung der Parteien voraus. Raum für den Vertrag ist
infolgedessen nur dort, wo für die Herbeiführung eines bestimmten
Rechtserfolges von Gesetzeswegen der Wille einer jeden der
beiden Parteien von gleichem juristischem Wert ist. Dies
trifft jedoch in den genannten Erscheinungen nicht zu. Bei der
Begründung des Beamtenverhältnisses, der Naturalisation des
Ausländers, dem Eisenbahnrückkauf, der Stundung der Steuern
bleibt der Staatswille der überragende Wille. Der Staat (oder
die Gemeinde) allein hat die Macht, einen Beamten zu ernennen,
einen Ausländer in den Staatsverband aufzunehmen usf. Das
tritt schon in der äußeren Form dieser Rechtsgeschäfte in die Er-
2% L,aband, Staatsrecht I® S. 446ff.u. Archiv £f. öff. Recht XVIII, 8. 73.
3° Die in den folgenden Ausführungen des Textes vertretene Auf-
fassung deckt sich im wesentlichen mit derjenigen von Otto Mayer,
Anschütz u. a m. Die Ansichten der Schriftsteller stellt zusammen:
Georg Meyer- Anschütz, Lehrbuch d. Deutschen Staatsrechts S. 499.
Gegen sie wird vom Standpunkt der „Rechtslogik‘‘ aus Widerspruch
erhoben von Kelsen, Zur Lehre vom öffentlichen Rechtsgeschäft (Archiv
d. öff. R. XXXI 225ff.).
st Vgl. dazu insbes.: Hugo Preuß, Das städtische Amtsrecht in
Preußen, 1902, S. 77£f.