198 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte.
denen eine Verfügung auf Grund tatsächlicher Angaben des
beteiligten Untertans ergangen ist, die sich hinterher als un-
richtig erwiesen haben. Ist die Behörde in dieser Weise getäuscht
worden, so unterliegt ihre Verfügung der Aufhebung,®® eı wäre
denn, daß das Gesetz dies ausdrücklich ausgeschlossen hätte.?®
steher hat übersehen, daß ein projektiertes Gebäude die Fluchtlinie über-
schreitet; er darf die Bauerlaubnis (bis zum Baubeginn) zurücknehmen.
Preuß. Verw.Bl. XXXII 92; vgl. auch XXX 340.
68 Allgemein geordnet ist das Institut in der Badischen landesherr-
lichen Verordnung vom 31. August 1884, das Verfahren in Verwaltungs-
sachen betreffend, $43. Hier wird die verfügende Behörde ermächtigt,
ihre Verfügung abzuändern oder aufzuheben (Ziff. 2), „wenn eine erteilte
Bewilligung oder Genehmigung erschlichen, im Widerspruch mit einer
Vorschrift des Gesetzes oder einer Verordnung, oder unzuständiger Weise
erteilt wurde‘‘. S. auch Badische Landesbauordnung vom 1. September 1907
$ 137. Wie sich aus dem im Texte ausgesprochenen Rechtsgrundsatz
ergibt, darf eine Fakultät den von ihr verliehenen Doktortitel ohne
weiteres zurücknehmen, wenn nachgewiesen wird, daß der Kandidat die
Fakultät durch Einreichung einer Arbeit, die nicht von ihm selb-
ständig verfaßt worden war, getäuscht hat. — Über die Wieder-
aufnahme des Verfahrens in der Arbeiterversicherung infolge be-
trügerischer Vorspiegelung eines Beteiligten: Reichsversicherungsordnung
$$ 1723, 1729, 1734. Über unrichtige Angaben in Baugesuchen:
Baltz, Preuß. Baupolizeirecht, S. 145 und Fr. J. Roth, Badische Landes-
bauordnung, S. 344. Besonders geordnet ist das Verfahren in den Steuer-
gesetzen für die Steuerhinterziehung und die Nachsteuer. S. ferner GewO.
$ 53, Abs.1: „Die in dem $ 29 bezeichneten Approbationen können von
der Verwaltungsbehörde nur dann zurückgenommen werden, wenn die
Unrichtigkeit der Nachweise dargetan wird, auf Grund deren solche er-
teilt worden sind....“ Daß dieser Vorschrift allgemeine Bedeutung zu-
kommt, hebt hervor: Landmann, Kommentar zur GewO. I® S. 526.
”° Eine solche Ausnahme gelte für den Naturalisationsakt, behauptet
zu Unrecht das preuß. Ob.-Verw.-Ger.: Ein Russe war, gestützt auf un-
wahre Angaben, in Gotha naturalisiert worden. Als die Täuschung fest-
gestellt wurde, nahm die gothaische Behörde die Naturalisation zurück.
Der Russe wurde später aus Preußen ausgewiesen und wehrte sich nun
mit der Behauptung, dies sei unzulässig, er sei Reichsdeutscher. Das
Ob.-Verw.-Ger. versagte der Rücknahmeverfügung der gothaischen Be-
hörde die Anerkennung und erklärte die Ausweisung aus dem Reichs-
gebiet für unzulässig. Es nahm an, die Naturalisation sei ein Formalakt,
der nur auf Grund besonderer gesetzlicher Ermächtigung annulliert werden
dürfe. Entsch. des preuß. Ob.-Verw.-Ger. vom 23. Juni 1886 (Entsch.
Bd. 13, S. 409; Reger VII S. 79); dem Urteil stimmen zu Wilhelm
Cahn, Das Reichsgesetz über die Erwerbung und den Verlust !der