Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

220 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte. 
alten Gewohnheitsrechts und unter Zustimmung der staatlichen 
Aufsichtsinstanz untereinander Verträge abschließen z. B. über 
Errichtung gemeinsamer Schulen, Bau und Unterhalt von 
Wegen, Brücken usf.’® Mit der Vertragschließung wird eine Ver- 
teilung der gemeinsamen Last unter den Beteiligten bezweckt. 
An der öffentlichrechtlichen Natur des durch Vertrag geordneten 
Rechtsverhältnisses wird dadurch nichts geändert. Man darf 
daher in solchen Fällen mit Fug von einem echten öffentlich- 
rechtlichen Vertrag sprechen. Es ist jedoch schon oben S. 82 
darauf hingewiesen worden, daß die Vertragsparteien in der- 
artigen Vereinbarungen häufig nicht bloß wechselseitige Lei- 
stungspflichten zu begründen, sondern objektive Rechtsnormen 
aufzustellen beabsichtigen, nach denen sie bei der Besorgung 
der erwähnten Verwaltungsaufgaben ihr Verhalten einzurichten 
haben. Dieser letzteren Art von Verträgen kommt der Cha- 
rakter von rechtsetzenden Vereinbarungen zu.”° 
In den soeben besprochenen Fällen handelt es sich um Be- 
ziehungen zwischen Gleichgeordneten. Lebhafter Streit aber be- 
steht darüber, ob die Form des Vertrages auch anwendbar ist 
zur Regelung von Rechtsverhältnissen zwischen dem Herrscher 
2 Otto Mayer, II SS. 286ff. u. 430. Hans Hoffmann, Die Wege- 
baulast in Pommern, Tübinger staatswissenschaftliche Doktordisser- 
tation, 1907, S. 27. — Ein hübsches Beispiel in einem Urteil des bayr. 
Verw.-Ger.-H. vom 24. Nov. 1905 (Sammlung von Entsch. des bayr. Verw.- 
Ger.-H. Bd. XXVII S. 35): Die Gemeinden A. und B. vereinigen 
sich zu einem Zweckverband zur Errichtung einer gemeinsamen 
Wasserleitung. Hinterher stellt die Gemeinde A. auch der Militär- 
behörde die Wasserleitung zur Verfügung. Die Gemeinde B. behauptet, 
darin liege eine Vertragsverletzung. Der Verw. Ger.-H. entscheidet, 
es liege ein öffentlichrechtlicher Vertrag vor, die Streitsache sei nach 
öffentlichem Recht zu beurteilen und falle infolgedessen in die verwaltungs- 
gerichtliche Kompetenz. — Im gleichen Sinn Entscheidungen des Kgl. 
Sächs. Ob.-Verw.-Ger. vom 1. Juni 1907 und 6. April 1908 (Jahrb. des 
Kgl. Sächs. Ob.-Verw.-Ger. X S. 343, XII S. 252). — Vgl. andererseits 
Preuß. Wassergesetz v. 7. April 1913 $ 113, Absatz 2 (Verträge über die 
Unterhaltungspflicht) s. oben 8. 199. 
73 Über eine besondere Art dieser Verträge, die sog. Rezesse: Ger- 
mershausen, Wegerecht, Bd. I, Register v. „Rezesse‘‘. Hans Hoffmann, 
Wegebaulast S. 31 und Bitters Handwörterbuch der preuß. Verwaltung, 
Il2 S. 432, Art. „Rezesse‘“. Über Teilungsrezesse im sächsischen Recht: 
Urteil des Kgl. Sächs. Ob.-Verw.-Ger. vom 9. Dez. 1903 (Jahrbücher des 
Kgl. Sächs. Ob.-Verw.-Ger. Bd. V S. 237).
	        
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