202 $ 12. Anspruch- und pflichtbegründende Staatsakte.
rechtliche Verträge bezeichneten Verwaltungsakte sind ein-
seitige Verfügungen, deren Rechtmäßigkeit bedingt ist durch
die Zustimmung des Betroffenen (s. oben S. 183). Die Be-
hörde darf zum Vertrag nur greifen in den Fällen, in denen
das Gesetz die Vertragsform ausdrücklich zugelassen und
dadurch auf die einseitige Regelung eines Rechtsverhältnisses
verzichtet hat.”” Läßt sich die Behörde zur Abschließung
eines Vertrages ohne gesetzliche Ermächtigung herbei, so ist
ihre ganze Anordnung nichtig.”® Nähere Betrachtung lehrt, daß
es sich in den meisten Fällen, in denen die Gesetze die Vertrags-
form zulassen, nicht um Begründung neuer, sondern um Ab-
änderung bereits bestehender gesetzlicher Rechte und
Pflichten handelt. Dahin gehören Verträge der Finanz-
behörden mit den Abgabepflichtigen über die Höhe der ein-
zelnen Abgabe,’® Vergleiche zwischen der Berufsgenossenschaft
77 Fleiner, Einzelrecht und öffentl. Interesse S. 29.
”8 Wie bereits oben erwähnt wurde, sind die in Verträgen zwischen
der Steuerbehörde und Steuerpflichtigen enthaltenen Zusicherungen
schon wegen Formmangels nichtig, auch wenn eine materielle Schä-
digung der Steuerbehörde mit der Vertragsabschließung nicht be-
absichtigt worden ist. Göz, Verwaltungsrechtspflege in Württem-
berg, 8. 130. Andrer Meinung die bei Stölzel, Rechtsweg und Kom-
petenzkonflikt, S. 48 und bei Kamptz und Delius I S. 215, Nr. 10ff.
und S. 475, Nr. 23 angeführten Urteile. Sie gehen davon aus, daß von
der öffentlichrechtlichen Pflicht abgesehen werden kann und völlig un-
abhängig von ihr privatrechtliche Vereinbarungen getroffen werden
können. S. oben S. 130 Anmk. 21.
2 Preuß. Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 $ 13, Abs. 2:
„Den Gemeinden sind Vereinbarungen mit den Beteiligten gestattet,
wonach der Jahresbetrag der zu entrichtenden indirekten Steuern für meh-
rere Jahre im voraus fest bestimmt wird. Die Vereinbarungen bedürfen der
Genehmigung.“ Vgl. auch $ 43 und $ 47 des zitierten Gesetzes und dazu
die Angaben in dem Kommentar zum Kommunalabgabengesetz von
Adickes. Urt. des Preuß. Ob.-Verw.-Ger. v. 7. Januar 1908 (Entschei-
dungen Bd.51, S.148). Kormann, Rechtsgeschäftl. Staatsakte S. 38
erblickt in den auf Grund der zit. Vorschrift des Kommunalabgaben-
gesetzes zustande gekommenen Akten lediglich einseitige Verfügungen mit
Zustimmung des Betroffenen. — Württembg. Wirtschaftsabgabengesetz vom
4. Juli 1900, Art. 2: „Die Abgabe von Wein wird in der Regel durch
Akkorde erhoben, welche von drei zu drei Jahren mit den Wirten ab-
zuschließen sind...“ Preuß. Gesetz betr. die Vorausleistungen zum Wege-
bau vom 18. Aug. 1902, $ 4: „Bei dauernder Abnutzung eines Weges kann