206 $ 13. Verwaltungszwang.
Sühne und nicht auf Zwang abzielen; für sie sind die allgemeinen
Lehren des Strafrechtes über Verschuldung, Rechtsirrtum usf. in
gleicher Weise maßgebend wie für die Urteile, die kriminelles Un-
recht ahnden.* Es gibt kein besonderes, auf die Bedürfnisse
der Verwaltung zugeschnittenes Verwaltungsstrafrecht ” Zwang
und Strafe gehen ihre eigenen Wege, und es ist vom gesetz-
gebungspolitischen Standpunkt aus verfehlt, die Verletzung sekun-
därer Verwaltungsinteressen zu Delikten zu stempeln und zur
Strafe zu greifen dort, wo der einfache Zwang ausreicht. Zwang,
nicht Strafe muß die Losung des Verwaltungsrechtes sein.
Nur der Verwaltungszwang im engern Sinn, die öffentlich-
rechtliche Zwangsvollstreckung (Verwaltungsexekution) soll
uns in den folgenden Erörterungen beschäftigen. Es gibt eine
executio ad faciendum vel omittendum und eine executio ad
solvendum. Gezwungen werden kann nur der Gewaltunter-
worfene, der Untertan. Soweit der Staat Privatrechtssubjekt
6 Man beachte, zu welchen gekünstelten Konstruktionen (,,Formal-
delikte‘‘) die Theorie, die dies leugnet, greifen muß, um bei der Behandlung
der Polizei- und Finanzdelikte eine Berücksichtigung des Irrtums aus-
zuschalten, und welche Umwege sie andrerseits einzuschlagen genötigt
ist, um zu der Lösung zu kommen, daß auch die fahrlässige Begehung
eines Polizei- oder Finanzdelikts den Täter strafbar mache. Vgl. die Zu-
sammenstellung der Literatur u. Judikatur bei Frank, Strafgesetzbuch!
S.599. v. Liszt, Lehrbuch des Strafrechts!1? 8.166. Die richtige An-
sicht bei Binding, Normen I (2. Aufl.) S. 313, 322, 409; II 486 und
Grundriß des Deutschen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 8. Aufl., 1913,
S. 104ff., 114ff.; Über den Irrtum bei Delikten 1913 (Gerichteaal Bd. 81,
S.1911.).. Beling, Württembergische Strafgesetzgebung, 1903, S. 3ff.,
sff. Riss, Das Verschulden bei Steuerdelikten (Recht u. Wirtschaft
Bd. II). E. Löbe, Das deutsche Zollstrafrecht,* 1913.
” Den Gedanken eines solchen Verwaltungsstrafrechts entwickelt
das Buch von James Goldschmidt, Das Verwaltungsstrafrecht, 1902,
und der Aufsatz desselben Verfassers: „Das Verwaltungsstrafrecht im Ver-
hältnis zur modernen Staate- und Rechtslehre‘‘ (Festgabe der juristischen
Gesellschaft Berlin für Richard Koch, 1903, S. 415). Goldschmidt kon-
struiert den Begriff eines besondern verwaltungsrechtlichen Unrechts.
Als Verwaltungswidrigkeit erscheint ihm die Unterlassung der Unter-
stützung der auf das Staatswohl gerichteten Tätigkeit (s. insbesondere
„Verwaltungsstrafrecht‘‘ S. 548 u. 566). F. Pollack, Das Finanzdelikt
als Verwaltungsdelikt, Heidelberger Dissertation 1911. Weitere Literatur
bei v. Liszt, Lehrbuch des Strafrechts!1? S. 122. Vgl. gegen Goldschmidt