Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

212 $ 13. Verwaltungszwang. 
2. Die Ersatzvornahme. Der Behörde liegt bei Wider- 
stand des Pflichtigen am nächsten, die anbefohlene Leistung 
selbst auszuführen oder durch einen Dritten ausführen zu lassen 
und zwar auf Kosten des Pflichtigen.”* Bei dieser sog. Ersatz- 
vornahme führt somit die Behörde ihre Anordnung mit eigenem, 
unmittelbarem Zwang durch. Sie auferlegt dem Pflichtigen 
nichts, was nicht schon in ihrer ursprünglichen Anordnung ent- 
halten wäre; sie bedarf daher zur Anwendung dieses Mittels 
keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Greift in einem 
gegebenen Fall die Behörde zur Ersatzvornahme, so ist sie auch 
ohne weiteres befugt, zu deren Durchführung Wohnung und 
Eigentum des Pflichtigen zu betreten. Der für die Ersatz- 
angeführten Schriften. Das Preuß. Oberverwaltungsgericht, bisher eine 
Stütze für die herrschende Meinung, ist in neuerer Zeit schwankend ge- 
worden. Urteil des Preuß. Oberverwaltungsgerichts 7. Mai 1908 (Ent- 
scheidungen Bd. 52, S. 310); s. auch das Urt. v. 4. Oktober 1912 (Soergel V 
17) und v. 4. Juli1911 (Reger XXXII 549). — Die Reichssteuergesetze 
v. 15. Juli 1909 ermächtigen die Steuerbehörden, „unbeschadet der ver- 
wirkten ÖOrdnungsstrafen‘“ die Beobachtung ihrer Anordnungen durch 
Androhung und Einziehung von Geldstrafen (= Exekutivstrafen) zu 
erzwingen. Tabaksteuergesetz, $ 49, Brausteuergesetz, $ 50, Branntwein- 
steuergesetz, $ 134, Zigarettensteuergesetz, $ 22 usw. 
286 Beispiele: Reparatur eines baufälligen Erkers, Trottoirreinigung, 
Bestreuen des Trottoirs bei Winterglätte, Entfernung eines Wracks aus 
einem öffentlichen Fluß (Rechtsprechung des Badischen Verwaltungs- 
gerichtshofs III Nr. 414). Beseitigung eines Schildes mit polizeiwidriger 
Aufschrift (DJZ. XVII 165) usf. Wenn Gefahr im Verzug liegt (wenn 
z. B. der Einsturz eines Gebäudes unmittelbar bevorsteht), so darf 
die Behörde zur Ersatzvornahme schreiten, ohne zuvor den Pflichtigen 
zu eigner Ausführung anzuhalten. Preußisches Oberverwaltungsgericht 
26. Januar 1910 (Preuß. Verw.-Bl. XXXII 119). Die Reichssteuergesetze 
vom 1ö. Juli 1909 nehmen Ersatzvornahme u. A. in Aussicht in den 
Fällen, in denen der Abgabepflichtige eine im Interesse der Steuer- 
verwaltung verlangte Kontrollvorrichtung (verschlossene Gefäße, Waagen 
usw.) in seinem Gewerbebetrieb nicht angebracht hat. So sagt das Brau- 
steuergesetz in $ 50, die Steuerbehörde könne, „wenn eine vorgeschriebene 
Einrichtung nicht getroffen wird, diese auf Kosten der Pflichtigen her- 
stellen lassen. Die Einziehung der hierdurch erwachsenen Auslagen 
erfolgt in dem Verfahren für die Beitreibung von Zollgefällen und mit 
dem Vorzugsrechte der letzteren.‘‘ Das Tabaksteuergesetz, $ 49, sieht 
eine Ersatzvornahme durch die Behörde auch in den Fällen vor, in denen 
die Pflichtigen die steuergesetzlichen Vorschriften über den Tabakbau 
($ 32) nicht befolgen.
	        
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