Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 13. Verwaltungszwang. 215 
Behörde zur Erzwingung einer Leistung Hand an die Person 
legen darf.”” Man hat davon auszugehen, daß Gewalt gegen die 
Person des Widerspenstigen in allen Fällen als zulässig erscheint, 
in denen die Erfüllung der anbefohlenen Leistung durch kein 
anderes Mittel herbeigeführt werden kann.?? Daher ist eine zwangs- 
weise Vorführung des Gestellungspflichtigen zur Musterung nicht 
nur erlaubt, sondern geboten,”* und ebenso ist eine zwangsweise 
Vorführung von Kindern zur Impfung zulässig.°° In gleicher Weise 
darf auch der Private zur Erteilung von Auskunft oder zur Erstat- 
tung eines Zeugnisses der Behörde zwangsweise zugeführt werden, ?® 
sofern für ihn im gegebenen Falle eine rechtsgültige Auskunfts- 
pflicht besteht.” 
  
32 Hermann Seuffert, Art. „Verhaftung und verwandte Maßnah- 
men‘ in Stengels Wörterbuch des Deutschen Verwaltungsrechts, Bd. II, 
S. 671. Bitters Handwörterbuch der preuß. Verwaltung, Art. „Freiheit, 
persönliche‘‘, Bd. I® S. 629. Anschütz, Preuß. Verfassungsurkunde II 
S. 132 ff. 
833 Unzulässig ist eine vorläufige Festnahme, welche dazu dienen soll, 
einen zu einer öÖffentlichrechtlichen Geldzahlung Verpflichteten im 
Staatsgebiet zurückzuhalten und ihn auf diese Weise zur Bezahlung zu 
zwingen. Unrichtig: Urteil des Reichsgerichts in Strafsachen vom 17. Sep- 
tember 1892 (Reger, XIII S. 177). 
3% Reichswehrordnung, 28. September 1875/22. Nov. 1888, $ 62, 
Ziff. 3, Abs. 3: „Ein Militärptlichtiger, welcher der Beorderung zur Mu- 
sterung keine Folge leistet, kann durch Anwendung gesetzlicher Zwangs- 
maßregeln zur sofortigen Gestellung angehalten werden.“ Vgl. auch 
Seemannsordnung, vom 2. Juni 1902 $ 33. 
35 Reichsimpfgesetz vom 8. April 1874. Entscheidungen des Preuß. 
Ob.-Verw.-Ger. vom 1. März 1895 und 24. September 1909 (Reger, XVI 
8. 202; XXXI S.73). Vgl. dazu oben Anm. 14. 
36 Preuß. Ob.-Verw.-Ger. vom 28. Okt. 1887 (Entsch. Bd. 15, S. 423). 
Urteile des Reichsgerichts in Strafsachen vom 19. März 1886 und 27. April 
1891 (Reger VII S.106 und XII S.210). Andrer Meinung ist Otto Mayer, 
I S. 345. Er glaubt, die Handlung, auf die es ankomme, werde durch 
die Vorführung selbst doch nicht erzwungen. Das geht meines Erachtens 
zu weit. Denn es ist eine Frage für sich, welche Rechtsfolgen eine 
zur Auskunftserteilung verpflichtete Person treffen, wenn sie vor der 
Behörde die Auskunft verweigert. Eine allgemeine Vorschrift über die 
Auskunftsverweigerung (analog der Bestimmung über die Zeugnisver- 
weigerung in der ZPO. $ 383) gibt es im Verwaltungsrechte nicht. 
37 Weil eine zwangsweise Vorführung zulässig ist, so ist um so schärfer 
daran festzuhalten, daß vor der Gewaltanwendung genau zu prüfen ist, 
ob in casu eine Auskunftspflicht besteht. Sie ist nur in den vom Gesetz
	        
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