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Verfügung ergangen, durch die sich der Bürger in seinen Rechten
oder Interessen verletzt glaubt, so stellt ihm die Rechtsordnung
bestimmte Rechtsbehelfe zur Abwehr zur Verfügung.® Die-
selben Rechtsbehelfe dienen aber dem Bürger auch dazu, sich
gegen eine Untätigkeit der Behörde, ein Nichthandeln zu wehren.
Das nächstliegende Mittel wird für den Bürger stets die
Gegenvorstellung (Remonstration) sein: Der Betroffene
wendet sich an die Behörde, die die Verfügung erlassen hat und
verlangt unter Darlegung von Gründen Zurücknahme oder Ab-
änderung der ergangenen Verfügung. Die Behörde ist befugt,
darauf einzutreten, weil ihre Verfügung nicht in materielle
Rechtskraft erwachsen ist. Eine Pflicht, sich mit der Angelegen-
heit aufs neue zu befassen, besteht dagegen für die Behörde nicht.
Sie kann sich auf die Antwort beschränken, sie trete auf die
Sache nicht nochmals ein.“ Der Bürger besitzt aber die weitere
Möglichkeit, bei der der verfügenden Behörde vorgesetzten
Instanz Anzeige zu erstatten. Die Anzeige führt zur Auf-
hebung der Verfügung nur, wenn der Bürger nachweisen kann,
daß die obere Instanz vermöge ihrer Aufsichtsgewalt von Amtes-
wegen die Verfügung zurücknehmen muß, weil z. B. klares
Recht, prozessuale Formen oder öffentliche Interessen offen-
sichtlich verletzt worden sind. Eine solche Anzeige behauptet
somit stets, eine Verfügung sei ungültig. (Vgl. oben S. 194 ff.)
II. Gegenvorstellung und Anzeige sind für den Bürger entweder
nur unvollkommene oder aber außerordentliche Rechtsbehelfe.
Das normale Rechtsschutzmittel bildet die Beschwerde (Re-
® Kamptz, Rechtsprechung des Preuß. Ob.-Verw.-Ger. IV S. 1301.
* Der Unterschied ist wichtig wegen der Berechnung der Beschwerde-
frist. Verfügt die Behörde neu, so wird die Frist von der neuen Verfügung
an berechnet, ergeht dagegen ein ablehnender Bescheid, so läuft die Frist
von der alten Verfügung an. Denn wenn die Behörde die Gegenvor-
stellung für begründet erachtet, so muß sie eine neue Verfügung erlassen,
die alte ist erledigt. Preuß. OVG. 19. Januar 1912 (Preuß. VerwBl.
XXXIV 63).
5 Urt. des Ob.-Land-Ger. Dresden vom 28. Januar 1897 (Reger,
XVIII 311; vgl. auch XIX 2). — Denn der Aufsichtsbehörde kommt die
von Beschwerde und Anzeige unabhängige Pflicht zu, von Amteswegen eine
Verfügung der untern Instanz, welche das öffentliche Interesse verletzt,
aufzuheben. Kgl. Sächs. OVG. 29. März 1912 (Reger XXXIII 289).