222 $ 14. Beschwerde.
kurs, förmliche Beschwerde, Verwaltungsbeschwerde).* Sie ist das
allgemeinste Rechtsmittel des deutschen Verwaltungsrechtes.
Eine badische Verordnung charakterisiert ihr Wesen richtig,
wenn sie sagt: ‚Jeder, dessen rechtliches Interesse durch eine
Entscheidung oder Verfügung der Verwaltungsbehörden beein-
trächtigt sein kann, und der dasselbe für verletzt hält, ist zu
rekurrieren befugt.“‘” Die Befugnis, Beschwerde einzulegen, ist
ein subjektives öffentliches Recht jedes Untertans. In dem allge-
meinen Beschwerderecht hat auf verwaltungsrechtlichem Gebiet
der publizistische Rechtsschutzanspruch praktische Gestalt ge-
wonnen. Mit der Beschwerde kann Beseitigung jeder Rechts-
oder Interessenverletzung verlangt werden.®
1. Die Beschwerde richtet sich stets an die höhere Instanz,
d. h. die der verfügenden Instanz übergeordnete Verwaltungs-
behörde (Beschwerdeinstanz). Die Beschwerde findet innerhalb
des Verwaltungsapparates selbst ihre Erledigung. In Deutsch-
land sind regelmäßig die Aufsichtsorgane gleichzeitig Beschwerde-
instanzen. Aber es ist möglich, daß das Gesetz für bestimmte
Angelegenheiten besondere Beschwerdeinstanzen neben den Auf-
sichtsorganen bildet.’ Für zahlreiche Gebiete der Verwaltung hat
der Gesetzgeber die Beschwerdeinstanzen kollegial ausgestaltet
und dabei namentlich Selbstverwaltungselemente hineingezogen.'”
®° Der Sprachgebrauch faßt leider häufig Gegenvorstellung, Anzeige
und eigentliche Beschwerde in einen Ausdruck zusammen. Andrerseits
bezeichnet auch der Gesetzgeber gelegentlich, z. B. Bad. Landesbau-
ordnung, $ 118, eine Beschwerde im eigentlichen Sinn als Einsprache
oder Einspruch. Roth, Badische Landesbauordnung? S. 276.
? Badische landesherrliche Verordnung vom 31. Aug. 1884, das Ver-
fahren in Verwaltungssachen betr. $ 28. Vgl. auch Württ. Verfassungs-
urkunde von 1819, $ 36: „Jeder hat das Recht, über gesetz- und ordnungs-
widriges Verfahren einer Staatsbehörde oder Verzögerung der Entschei-
dung bei der unmittelbar vorgesetzten Stelle schriftliche Beschwerde zu
erheben und nötigenfalls stufenweise bis zurhöchsten Behörde zu verfolgen.“
8 Infolgedessen kann man mit Hilfe der Beschwerde auch eine recht-
liche Ungültigkeit rügen (Nichtigkeitsbeschwerde).
9% Dies trifft insbesondere zu für die Beschwerdebehörden (Berufungs-
kommissionen) bei der Steuerveranlagung. Vgl. z. B. Preuß. Einkommen-
steuergesetz v. 24. Juli 1891 $ 40.
10 Die Reichsgewerbeordnung bestimmt in $21, daß in dem gewerbe-
polizeilichen Genehmigungsverfahren in erster oder zweiter Instanz die
Entscheidung durch eine kollegiale Behörde erfolgen muß.