226 $ 14. Beschwerde.
welche die angefochtene Verfügung erlassen hat, so ergibt sich
die Zulässigkeit der reformatio in pejus schon aus der allge-
meinen Kompetenz der Aufsichtsorgane, von Amteswegen gegen
gesetzwidrige oder das öffentliche Interesse gefährdende Ver-
fügungen einzuschreiten.”” Sind dagegen für die Beurteilung
bestimmter Arten von Beschwerden (Steuerveranlagung u. dgl.)
besondere Instanzen eingesetzt, so sind diese bestimmungs-
gemäß darauf beschränkt, Rechtsschutz zu Gunsten der Per-
sonen (oder Behörden) auszuüben, die diesen Schutz anrufen.
Daraus folgt, daß sie eine Verfügung nicht zum Nachteil des
Beschwerdeführers abändern dürfen, es wäre denn, daß das Ge-
setz es ausdrücklich erlaubte.”®
Den Beschlüssen der Beschwerdeinstanzen kommt so wenig
materielle Rechtskraft zu, wie den Verfügungen der unteren
Behörden. Eine Bestätigung der angefochtenen Verfügung läßt
daher der unteren Behörde die Zuständigkeit, die Verfügung
jederzeit zurückzunehmen. Hebt dagegen die Beschwerde-
instanz die Verfügung auf und ersetzt sie durch eine neue,
eigene, so kann eine Zurücknahme allein durch sie erfolgen.**
22 Schultzenstein, Rechtskraft und reformatio in pejus im preuß.
Verwaltungsstreitverfahren (Verwaltungsarchiv, XI S.365ff., insbes.
S. 423). Ausdrücklich als zulässig erklärt ist die reformatio in pejus in
Baden (Bad. Landesh. Verordnung v. 31. Aug. 1884, das Verfahren in
Verwaltungssachen betr., $35), in Württemberg (Soergel, I S.715,
Nr. 63; Göz, Württ. Einkommensteuergesetz S. 279, 319), in Bayern
(Verwaltungsgerichtsgesetz von 1878, Art. 36 und 4l. Reger- Dyroftf,
Bayr. Verw.-Ger.-Ges., S. 522), im gleichen Sinn auch die Praxis des Kgl.
Sächs. Ob.-Verw.-Ger. (Jahrb. d. Kgl. Sächs. Ob.-Verw.-Ger. XII S. 210.
XVI 143. Wachler u. Naundorff, Rechtsgrundsätze des Kgl. Sächs.
OVG. III S. 657. Soergel, II S. 855 Nr. 7).
23 Preuß. Ob.-Verw.-Ger. in Staatssteuersachen v. 5. Oktober 1895
und 14. Dezember 1898 (Entscheidungen in Staatssteuersachen IV 373,
VII 377). Vgl. dazu auch den Aufsatz von Jacobi im Verwaltungsarchiv
V 384. Gegen eine Beeinträchtigung der Interessen der Steuerverwaltung
kann eich der Staat schützen durch Aufstellung eines mit einem selbstän-
digen Beschwerderecht ausgestatteten Vertreters des öffentlichen In-
teresses. Vgl. auch Emil Herzog, Das Rechtsmittelverfahren und die
Rechtskraft der Entscheidungen in Steuer- und Gebührensachen (nach
österreich. Recht), 1909, S. 105ff..
2 Otto Mayer, I S. 160. Bad. Landesh. Verordnung vom 31. Aug.
1884, das Verfahren in Verwaltungssachen betr., $43. Für solche Fälle