14 $ 2. Trennung der Gewalten.
Strafsachen hat jedoch das Reichsrecht diese Ermächtigung selbst
wieder durch eine Spezialbestimmung eingeschränkt: den Ver-
waltungsbehörden (Polizei- und Steuerbehörden) darf lediglich
die Ahndung von polizeilichen Übertretungen und von Zuwider-
handlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher
Abgaben und Gefälle übertragen werden und auch dies nur, so-
weit die Strafen eine bestimmte vom Reichsgesetzgeber genau
festgesetzte Grenze nicht überschreiten!? (Reichs-StrafprozeB-
ordnung $$ 453, 459).1?* Von Reichswegen gehört somit im All-
gemeinen zum Kompetenzbereich der ordentlichen Gerichte die
Rechtsprechung in Streitsachen öffentlichrechtlicher Natur nicht.
Diese betrachtet der Reichsgesetzgeber als die Aufgabe der Ver-
waltungsbehörden und Verwaltungsgerichte.!* Bürgerliche Rechts-
streitigkeiten und Strafsachen — sie sind die eigenste Domäne
der ordentlichen Gerichte. Das Reichsgerichtsverfassungsgesetz
umschreibt den Begriff der „bürgerlichen Rechtsstreitigkeit‘
nicht selbst; es setzt ihn voraus.!° Nach der Wissenschaft und
der Landesgesetzgebung macht das Wesen der ‚bürgerlichen
Rechtsstreitigkeit‘ ein Streit über ein Rechtsverhältnis des Privat-
rechts aus.!® Die Entscheidung privatrechtlicher Streitsachen er-
scheint somit — neben der der Strafsachen — als der eigentliche
Verwaltungsbehörden gewiesen. Auch hieran ist das Landesrecht gebun-
den; es darf nicht diese Streitsachen der Zivilgerichtsbarkeit unter-
stellen. Gaupp-Steina. a. OÖ. Reger XXVIII 499. Reichsgericht in
Zivilsachen v. 17. Febr. 1908 (Entscheidungen Bd. 68, S. 26) und v.
13. April 1908 (daselbst S. 267).
ı3 Vgl. darüber Näheres unten $13 in der Lehre von den polizeilichen
Straf- und Zwangsmitteln.
132 Andrer Ansicht: Stein, Justiz und Verwaltung S. 43f.
14 Vgl. zum Folgenden insbesondere Wach, Handbuch des Deutschen
Zivilprozeßrechts, I (1885), $ 8.
15 Konrad Hellwig, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts I
(1903) S. 59ff. Gaupp-Stein, Zivilprozeßordnung I, Vorbem. III zu
$ 1._— Kamptz und Delius, Die Rechtsprechung des Reichs- und des
Kaınmergerichts auf den Gebieten des öffentlichen Rechts, II (1907)
Ss. 8ölff. (Allgemeine Grundsätze über die Zulässigkeit des Rechtswegs;
Erg.-Band (1911) S. 556 fl.).
18 K. Hellwig, System des Deutschen Zivilprozeßrechts I S. 43. Be-
stritten u. A. von Gaupp-Stein, ZivilprozeBordnung 1!° 8.6; Stein,
Justiz und Verwaltung 8.24 ff. Vgl. dazu unten $ 15.