$ 15. Verwaltungsgerichtsbarkeit. 251
unter sich als streitende Teile auftreten; man spricht dann von
„Parteistreitigkeiten des öffentlichen Rechts‘. Aber auch
in den Fällen, in denen der Private gegen eine Verfügung einer
Staatsbehörde vor den Verwaltungsgerichten auftritt, steht pro-
zessual der Staat dem Kläger in der Rolle einer Partei gegen-
über.‘ Denn das Verwaltungsgericht soll entscheiden, was
zwischen den zwei selbständigen Rechtssubjekten, Staat und
Privatmann, Rechtens ist. Einzelne Gesetze (Preußen, Baden)
bringen dies auch sprachlich scharf zum Ausdruck.°t Formell
erscheint dort als Beklagter die Behörde, welche die angefochtene
Verfügung erlassen hat. Anders liegen die Dinge auch nicht in
den Staaten, deren Gesetze sich gescheut haben, den Staat vor
den Verwaltungsgerichten in der Rolle einer Partei auftreten zu
lassen. Denn auch dort ist vorgesehen, daß für die Vertretung
des Staatsinteresses ein besonderer Beamter vor dem Verwal-
tungsgerichte erscheint, welcher ‚dans l’interet de la loi‘“ An-
träge stellt. So besitzt Bayern eine besondere Staatsanwalt-
schaft beim Verwaltungsgerichtshof °° und in den übrigen
Staaten kann ein besonderer Kommissar des zuständigen Mini-
steriums das öffentliche Interesse vor dem Verwaltungsgerichte
verteidigen.‘
e2 7.B.: Württemberg. Verwaltungsrechtspflegegesetz, Art. 10; Sächs.
Verwaltungsrechtspflegegesetz $ 21 u. a. m.
63 Schultzenstein, Parteien, Parteifähigkeit und Parteibegriff im
Verwaltungsstreitverfahren nach dem Landesverwaltungsgesetze (Verwal-
tungsarchiv XII 112); Die Versäumung von Prozeßhandlungen der Parteien
im Verwaltungsstreitverfahren nach dem Geretze v. 30. Juli 1883 (Ver-
waltungsarchiv XXI 369).
6% Preuß. Landesverwaltungsgesetz $ 63: „.. . . In der Klage ist
ein bestimmter Antrag zu stellen, und sind die Person des Beklagten,
der Gegenstand des Anspruchs, sowie die den Antrag begründenden
Tatsachen genau zu bezeichnen.‘ Bad. Verwaltungsrechtepflege-
gesetz 8 6.
65 Bayr. Verwaltungsgerichtsgesetz, Art. 4, 5, 41, 42, 50.
66 Vgl. z. B. Württemberg. Verwaltungsrechtspflegegesetz, Art. 20,
43, 52. Für Preußen: Parey, Rechtsgrundsätze des Preuß. Ob.-Verw.-Ger.
II S. 1251 Nr. 294. Kamptz, Rechtsprechung des Preuß. Ob.-Verw.-Ger.
IV S. 1250 und Landesverwaltungsgesetz $ 74. Hessisches Verwaltungs-
rechtspflegegesetz Art. 89, vgl. auch Art. 78. Staatsvertrag betr. Thü-
ring. Oberverwaltungsgericht Art. 26.