$ 15. Verwaltungsgerichtsbarkeit. 255
c. Das Urteil”* ergeht stets nur zwischen den amStreitverfahren
beteiligten Parteien und ihren Rechtsnachfolgern — soweit eine
Rechtsnachfolge vom öffentlichen Recht anerkannt ist (oben
S.142).”° Es hat lediglich auszusprechen, was für das konkrete
im Streite liegende Verhältnis Rechtens ist;’® weiter reicht seine
In der Regel wird aber vom Gesetzgeber die reformatio in pejus aus-
drücklich davon abhängig gemacht, daß ein „öffentliches Interesse‘ vor-
liegt: Kgl. Sächs. Verwaltungsrechtspflegegesetz $ 25. (Vgl. damit Urt.
des Kirl. Sächs. OVG. v. 17. Juni 1908 und 11. Dez. 1911 (Jahrbücher
des Kgl. Sächs. OVG. XII S. 210, XVII S. 138); in dem zuletzt ge-
nannten Urteil wird mit Grund hervorgehoben, die Tatsache allein, daß
der Bürger nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts zu niedrig be-
steuert worden sei, rechtfertige die reformatio in pejus nicht; denn diese
setze ein „‚öffentliches Interesse‘‘ voraus, ein solches fehle aber in der
Regel bei der Erhebung von Geldforderungen. S. ferner Apelt, Sächs.
Verwaltungsrechtspflegegesetz S. 138. Oldenburg. Ges. ü. d. Verwaltungs-
gerichtsbarkeit $ 83. Hess. Verw.-R.-Pfl.-G. Art. 72: „Soweit eine An-
gelegenheit das öffentliche Interesse berührt, kann eine angefochtene Ent-
scheidung auch zum Nachteil desjenigen geändert oder aufgehoben
werden, der das Rechtsmittel eingelegt hat.“ Vgl. ferner Art. 92.
”4* Im allgemeinen schließen die deutschen Gesetzgebungen Teil-
urteile aus; Zwischenurteile sind nur ausnahmsweise zulässig, Preuß.
OVG. 21. September 1911 (Entscheidungen Bd. 60, S. 111, 113). Reger-
Dyroff, Bayr. VerwGerichtszesetz S. 420ff. Apelt, Sächs. VerwRPil.-
Gesetz II S. 139. Der Streit soll im allgemeinen durch ein Verfahren
und ein Endurteil zum erschöpfenden Abschluß gebracht werden. .
75 Parey, Rechtsgrundsätze des Preuß. OVG. II S. 1246 Nr. 279ff.
Reger-Dyroff, Bayr. Verwaltungsgerichtsgesetz S. 493. — Daher wirkt
nach preußischem Recht ein verwaltungsgerichtliches Urteil, in welchem
über die Öffentlichkeit eines Weges entschieden wird, nur inter partes.
Germershausen, Wegerecht in Preußen I 8. 662.
?% Urteilsunterlage bildet der im Laufe des Verwaltungsstreitver-
fahrens festgestellte Tatbestand und zwar in der Gestalt, in der er sich
zur Zeit des Erlasses des Urteils befindet. Schultzenstein, Zur Urteils-
unterlage im Verwaltungsstreitverfahren nach dem Landesverwaltungs-
gesetze (Verwaltungsarchiv XXI 1fl.). Bei der Anwendung des Rechts
auf diesen Tatbestand kann eine Schwierigkeit dann entstehen, wenn
nach dem Erlaß der Verfügung der Verwaltungsbehörde, aber vor der
Fällung des verwaltungsgerichtlichen Urteils neues Recht in Kraft ge-
treten ist. Ob das Verwaltungsgericht dieses neuo Recht oder aber das
Recht, wie es zur Zeit des Erlasses der Verfügung gegolten hat, an-
wenden muß, hängt von der Natur der einzelnen Streitsache ab. Bezweckt
z. B. eine Klage eine Feststellung darüber, ob der Kläger die persön-