260 $ 15. Verwaltungsgerichtsbarkeit.
der Zivilprozeß, andrerseits das Verwaltungsgerichtsverfahren
dient, hat auch eine Verschiedenheit in den Urteilswirkungen
zur Folge.
Allein das Verwaltungsrecht kennt auch öffentliche Ansprüche
und öffentliche Pflichten, die von dem Wechsel der äußeren Ver-
hältnisse und Anschauungen und den sich ändernden Anforde-
rungen des öffentlichen Interesses unabhängig bleiben. Man denke
z.B. an Existenz und Umfang der Steuerpflicht einer Person (Ver-
anlagung) oder der Versicherungs- und Beitragspflicht, oder der
Kirchenbaulast oder an die Frage nach der Gemeindezugehörig-
keit einer bestimmten Person. Derartige Rechtsverhältnisse
weisen somit in dem für die Rechtskraftfrage entscheidenden
Punkte dieselbe juristische Struktur auf wie die Rechtsverhält-
nisse des Privatrechtes. Sind die Verwaltungsgerichte zu einer
Streitentscheidung über solche Verhältnisse berufen, so kommt
ihren Urteilen dieselbe Wirkung zu wie den Urteilen der Zivil-
gerichte: das von ihnen Geordnete gilt für die Zukunft als un-
bestreitbar und kann von den Verwaltungsbehörden nicht mehr
abgeändert werden.°*
Weil die der Kompetenz der Verwaltungsgerichte zugewie-
senen Streitsachen kein einheitliches Gepräge tragen, ist auch
die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht ein-
heitlich. Gewiß, das formell rechtskräftige Urteil eines Ver-
waltungsgerichtes wird wie das Urteil eines Zivilgerichtes für das
Gericht, das das Urteil gefällt hat, unwiderruflich.*® Im übrigen
aber richten sich die Wirkungen des verwaltungsgerichtlichen
Urteils nach der Natur des im einzelnen Fall der richterlichen
Beurteilung unterstellten Rechtsverhältnisses.°®
8 Entscheidungen des Prcuß. Oberverwaltungsgerichtsin Staatssteuer-
sachen VIII 281; XI 428. Rosin, Recht d. Arbeiterversicherung II
3. 632.
85 Über die Vollstreckung verwaltungsgerichtl. Urteile durch die
Verwaltungsbehörden: Bad. Verwaltungsrechtspflegegesetz $45; Kgl.
Sächs. Verwaltungsrechtspflegegesetz $ 91. Hessisches Verwaltungsrechts-
pflegegesetz Art. 123ff. Staatsvertrag betr. Thüring. Oberverwaltungs-
gericht Art. 43. Vgl. auch oben S. 218.
88 Ob und wieweit die Parteien über ein im Verwaltungsstreitver-
fahren liegendes Rechtsverhältnis einen rechtsbeständigen Prozeßvergleich
schließen können, hängt von der Natur des betreffenden Rechtsverhält-
nisses ab, m. a. W. davon, wieweit dieses ihrer rechtlichen Verfügungs-