$ 16. Zuständigkeit der ordentl. Gerichte und Beamtenhaftpflicht 265
haftet er zivilrechtlich ex delicto, weil er eine unerlaubte Hand-
lung begangen hat.
Der Unterschied von obrigkeitlichen und nicht obrigkeitlichen
Handlungen wird erst von Bedeutung für die Beurteilung des
Bedenkens, ob und wieweit der Dienstherr des Beamten (der
Staat oder ein anderer öffentlichrechtlicher Verband) dem ge-
schädigten Dritten an Stelle des Beamten haftet.” Nach dem
Bürgerlichen Gesetzbuch $$ 31 und 89 ist der Staat oder ein
öffentlichrechtlicher Verband für eine nichtobrigkeitliche Hand-
lung eines zu selbständigem Willensentschluß berufenen Organs
dem Dritten gegenüber direkt verantwortlich.‘! Nimmt dagegen
9 Der Beamte ist außerhalb der staatlichen Funktion, für die er
angestellt worden ist, Privatmann. Infolgedessen haftet der absolut un-
zuständige Beamte (vgl. oben S.194) nicht nach $ 839 BGB., sondern nach
den allgemeinen Grundsätzen $$ 823ff. Gierke, Genossenschaftstheorie
und deutsche Rechtsprechung, S. 768. Im selben Sinn wohl auch Ende-
mann, Lehrbuch des Bürgerl. Rechts, I S. 1271. Dagegen nimmt die
Praxis an, der örtlich und sachlich unzuständige Beamte bleibe Beamter
im Sinne von BGB. $ 839. Wenn deshalb ein unzuständiger Beamter aus
Fahrlässigkeit eine gefälschte Unterschrift als echt beglaubigt, so hafte er
gemäß BGB. $ 839. Soergel, II S.29, Nr. 839. Kamptz und Delius,
Rechtsprechung des Reichs- und Kammergerichts, I S. 68. Reichsgericht
in Zivilsachen v. 4. Mai 1908 (Reger, Erg.-Bd. IV 447); ebenso v.
30. April 1909 (Preuß. Verw. Bl. XXXI 447). Diese letztere Lösung ist
nicht folgerichtig, aber sie entspricht einem praktischen Bedürfnis. Denn
die deutschen Staaten haben eine Haftung an Stelle des Beamten nur
für die Fälle übernommen, die durch den $ 839 BGB. gedeckt werden.
‘ E. Loening, Die Haftung des Staates aus rechtswidrigen Hand-
lungen seiner Beamten, 1879. Piloty, Die Haftung des Staats für rechte-
widrige Handlungen und Unterlassungen der Beamten bei Ausübung
staatlicher Hoheitsrechte (Annalen des Deutschen Reichs 1888, S. 245ff.).
Dock, Die Haftung des Staates aus rechtswidrigen Handlungen seiner
Beamten (Archiv für öffentl. Recht XVI [1901] 8. 244ff.). Georg Meyer-
Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatserechtse, 8. 526ff. Laband,
Deutsches Reichsstaatsrecht, 6. Aufl., S.105. Otto Mayer, Die Haftung
des Staats für rechtswidrige Amtshandlungen (Sächs. Archiv für Rechts-
pflege VIII [1913] S. 1ff.). Kelsen, Über Staatsunrecht (Grünhuts Ztsch.
Bd. 40, 8.1). \ |
ıı BGB. $ 31: „Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den
der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein andrer verfassungs-
mäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden
Verrichtungen begangene, zum Schadenersatze verpflichtende Handlung
einem Dritten zufügt.‘‘ $ 89, Abs. 1: „Die Vorschrift des $ 31 findet auf
den Fiskus sowie auf die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des