Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$16. Zuständigkeit der ordentl. Gerichte und Beamtenhaftpflicht. 271 
enthält einen Kompromiß zwischen zwei Rechtsanschauungen. 
Es nimmt den Verwaltungsbehörden die Macht, einen schuldigen 
Beamten dem Richter zu entziehen, sucht aber andrerseits 
den Beamten gegen leichtfertige Klagen zu schützen.”® Die 
Vorentscheidung ist nicht bloß eine Schutzwehr zu Gunsten des 
Beamten, sie kommt auch dem Staate zugute, der an Stelle des 
schuldigen Beamten die Haftung dem Dritten gegenüber über- 
nommen hat. 
2. Nicht bloß der Zivilrichter, sondern auch der Strafrichter 
kommt in die Lage, seine Gerichtsbarkeit zum Schutze des Bür- 
gers gegen die Verwaltung auszuüben. Wir denken hier nicht 
an die Ahndung der Amtsdelikte, sondern an die Fälle, in denen 
sich der Untertan gegen die Staatsgewalt aufgelehnt hat und 
der Strafrichter berufen wird, über die Rechtswidrigkeit dieser 
Handlung sein Urteil zu fällen. Der Widerstand gegen die 
Staatsgewalt ist nur dann strafbar, wenn er sich gegen recht- 
gemäße amtliche Anordnungen richtet. Nach staats- und ver- 
waltungsrechtlichen Grundsätzen hat daher der Richter zu ur- 
teilen, ob ein Bürger „zum Ungehorsam gegen Gesetze oder 
rechtsgültige Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit 
innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen“ auf- 
gefordert hat (StGB. $ 110), oder ob ein Bürger einem Voll- 
streckungsbeamten in der ‚rechtmäßigen Ausübung seines Amtes“ 
durch Gewalt oder Bedrohung mit Gewalt Widerstand geleistet 
$ 5, hat sie ausdrücklich aufrecht erhalten. Allein zu Unrecht. Denn nach 
Reichsrecht darf eine Schadenersatzklage gegen den schuldigen Beamten 
nicht durch andre Bedingungen erschwert werden, als sie das EG. zum 
Reichsgerichtsverfassungsgesetz, $ 11, ausdrücklich vorsieht. Im selben 
Sinn: Otto Mayer, I 8. 237. Thoma, Jahrbuch des öffentlichen Rechts, 
Bd. IV, S. 208. 
23 Eine Vorentscheidung ist nicht vorgesehen z. B. bei der Verfolgung 
der Reichsbeamten ; sie ist ferner dem württembergischen Recht unbekannt. 
In Preußen dagegen kann die Regierung eine Vorentscheidung (,Kon- 
flikt‘‘) durch den Verwaltungsgerichtshof sogar herbeiführen in einem 
Falle, in dem der Verwaltungsgerichtshof eine Verfügung bereite im 
Verwaltungsstreitverfahren als rechtswidrig aufgehoben hat. (Entsch. 
des Preuß. OVG. Bd. 8 S.409.) Also doppelt genäht. Zu welcher 
großen Rechtsverzögerung und Rechtserschwerung dies führt, zeigt ein 
Beispiel aus der neuern preußischen Praxis: Urt. d. Preuß. OVG. l. Ok- 
tober 1909 (Entscheidungen Bd. 55, S. 459).
	        
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