Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 2. Trennung der Gewalten. 17 
2. Die Besorgung der Verwaltungsgeschäfte ist den 
Verwaltungsbehörden anvertraut. Allein ihnen sind nicht alle 
Verwaltungsgeschäfte übertragen. Justizverwaltung kann den 
Gerichten zustehen. Ferner haben Reichs- und Landesstaats- 
recht vorgeschrieben, daß eine Reihe von Verwaltungsaufgaben 
in Gesetzesform erledigt werden müssen.2? Man denke an die Fest- 
stellung des Budgets oder an die in Gesetzesform gekleideten 
Beschlüsse der gesetzgebenden Organe über die Errichtung eines 
öffentlichen Unternehmens (Eisenbahn, Kanal usw.). Auf diese 
Weise nehmen die gesetzgebenden Behörden direkt an der Ver- 
waltung teil. Die Gesetzesform ist in den erwähnten Fällen vor- 
geschrieben, um der Volksvertretung einen Einfluß auf diese 
Verwaltungsangelegenheiten einzuräumen.?? 
Andererseits ist eine Erweiterung der Zuständigkeitssphäre der 
Verwaltungsbehörden über den Verwaltungsbereich hinaus mög- 
lich. Die Verwaltungsbehörden können nämlich mit richterlichen 
Funktionen ausgestattet sein; davon wurde bereits gesprochen 
(oben S. 13). Ist dies der Fall, so kommt ihren Entscheidungen 
die Kraft und die Bedeutung richterlicher Urteile zu.”* 
Inwieweit endlich den Verwaltungsbehörden die Kompetenz 
zur Rechtsetzung verliehen ist, wird in der Lehre vom Verord- 
nungsrecht dargelegt werden (s. unten $ 5). 
3. Die Zuständigkeit, das Recht zu setzen, gebührt den 
gesetzgebenden Behörden. Es wurde jedoch soeben erwähnt, daß 
die gesetzgebenden Organe neben ihrer Hauptaufgabe auch Ver- 
waltungstätigkeit besorgen. Ja, selbst zur Fällung von Recht- 
22 Hierin liegt die verwaltungsrechtliche Bedeutung der von Laband 
begründeten Unterscheidung von Gesetz im formellen und im materiellen 
Sinn. Laband, Staatsrecht II $$ 54, 56. 
23 Hermann Schulze, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts, I (1881) 
S. 520. Laband, Deutsches Reichsstaatsrecht, 6. Aufl., 1912 S. 130. — Die 
Regierung besitzt ganz allgemein die Möglichkeit, eine Verwaltungsaufgabe 
in der Form des formellen Gesetzes zur Erledigung zu bringen, auch wo 
sie ohne Mitwirkung der Volksvertretung handeln dürfte. Sie wälzt 
damit ihre Verantwortlichkeit auf die Faktoren der Gesetzgebung ab und 
deckt sich damit gegenüber der Volksvertretung den Rücken. 
2% Urteil des Reichsgerichts in Strafsachen vom 20./21. Juni 1903 
(Entscheidungen Bd. 36, S. 313. Reger XXIV 388). 
Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3. Aufl. 2
	        
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