18 $ 2. Trennung der Gewalten.
sprüchen können sie berufen sein.?° Doch das ist eine Ausnahme-
erscheinung, die für das Verwaltungsrecht nicht weiter in Be-
tracht fällt.
II. Die praktische Bedeutung der Trennung der Gewalten
liegt in dem Satze, daß jede Gewalt verpflichtet ist, die Akte der
andern Gewalt anzuerkennen, sofern diese nicht etwa nichtig sind.?®
Keine Gewalt darf sich Kompetenzen der andern Gewalt an-
25 Vgl. Reichsverfassung Art. 76, Absatz 2: „Verfassungsstreitig-
keiten in solchen Bundesstaaten, in deren Verfassung nicht eine Behörde
zur Entscheidung solcher Streitigkeiten bestimmt ist, hat auf Anrufen
eines Teiles der Bundesrat gütlich auszugleichen oder, wenn das nicht
gelingt, im Wege der Reichsgesetzgebung zur Erledigung zu bringen.“
Laband, Staatsrecht I® S. 270. v. Seydel, Kommentar zur Ver-
fassungsurkunde für das Deutsche Reich, 2. Aufl. 1897, S. 407. Anderer
Meinung: Jellinek, Gesetz und Verordnung 1887, S. 246—247 und die
dort zitierten Autoren. Jellinek erblickt in dem Akt der gesetzgebenden
Gewalt, der eine Verfassungsstreitigkeit erledigt, eine lex specialis.
26 Kormann, Beziehungen zwischen Justiz und Verwaltung (Jahr-
buch d. öff. R. VII 1f., insbes. 13fg.) spricht hier von einer „Tatbestands-
wirkung“ (im Gegensatz zur „Feststellungswirkung‘‘). Beispiel: Die Ver-
waltungsbehörde nimmt gemäß Gew.O. $ 53 die einem Arzte erteilte
Approbation zurück, weil ihm durch Strafurteil die bürgerlichen Ehren-
rechte aberkannt worden sind. Der Arzt ficht die Zurücknahmeverfügung
bei den Verwaltungsgerichten an; er will den Beweis führen, daß er das
Delikt nicht begangen hat, um deswillen er verurteilt worden ist. Der
Verwaltungsrichter darf jedoch auf dieses Beweisanerbieten nicht eintreten.
Für ihn ist das Strafurteill bindend. Urteile des Preuß. Oberver-
waltungsgerichts vom 5. Dezember 1901 und 20. Oktober 1902 (Reger,
XXII 321; XXIII 389; vgl. auch XXI 2). Stein, Justiz und Ver-
waltung S. 95ff. Der Grundsatz, daß die eine Behörde die Akte einer
anderen Behörde anzuerkennen hat, gilt selbstverständlich auch inner-
halb desselben Behördenorganismus. Daher kann eine Verwaltungs-
behörde einem Naturalisierten das Wahlrecht nicht verweigern mit der
Begründung, sie halte die von der zuständigen Naturalisationsbehörde
vollzogene Naturalisation nicht für rechtsbeständig, sofern nicht etwa
ein Nichtigkeitsgrund vorliegt. v. Salis, Schweiz. Bundesrecht III®
Nr. 1145. — Der unten ($ 12) zu besprechende Grundsatz, demzufolge
mangelhafte Verwaltungsakte im Zweifel nicht als nichtig, sondern
bloß als anfechtbar zu behandeln und demgemäß auch von den Gerichten
als zu Recht bestehend zu betrachten sind, bis die zuständige Verwaltung
oder Verwaltungsgerichtsinstanz auf Klage hin den Akt aufgehoben hat
— dieser Grundsatz entspricht im wesentlichen dem Bestreben, die Ge-
waltenteilung zu schützen. Kormann, System der rechtsgeschäftlichen
Staatsakte, 1910, S. 218£f.