292 $ 17. Öffentlichrechtliche Entschädigung.
l. In jedem deutschen Staat hat ein allgemeines Expropria-
tionsgesetz die Voraussetzungen und das Verfahren der Expro-
priation bestimmt.*! Neben diesen allgemeinen Gesetzen gibt es
für Spezialzwecke noch Spezialgesetze.'* Überall ist die Expro-
priation nur für ein gemeinnütziges Unternehmen zulässig; zur
Förderung rein fiskalischer Zwecke ist sie ausgeschlossen. Ein
„Expropriationsfall‘ liegt nur vor, wenn ein bestimmtes Öffent-
liches Interesse die Aufopferung eines Einzelrechtes fordert.** Den
41 Eine Zusammenstellung der Gesetze bei: Goorg Meyer- Dochow,
Lehrbuch des Deutschen Verwaltungsrechts,* $ 54. — Das Reich
besitzt kein allgemeines Expropriationsgesetz; es ist nur in einzelnen
Fällen zur Vornahme einer Expropriation zuständig; vgl. z.B. Reichs-
verfassung, Art. 41 (Eisenbahnen); Art. 65 (Festungen. v.Seydel,
Kommentar zur Reichsverfassung, 2. Aufl., S. 269—270.
42 Ein solcher spezieller Expropriationsfall ist z.B. das in den Eisen-
bahngesetzen dem Staate vorbehaltene Recht des „Rückkaufs‘ einer
Privatbahn. Gierke, Deutsches Privatrecht II S. 469, Anmerk. 17.
Fritsch, im Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts,
2. Aufl., IS.664. A.M.: Kormann, Rechtsgeschäftl. Staatsakte S.148;
er erblickt in der „Rückkaufsklausel‘‘ der Eisenbahnkonzessionen einen
Widerrufsvorbehalt. Vgl. auch unten $ 19. — In diesem Zusammenhang
sind ferner zu erwähnen das Preuß. Gesetz über Maßnahmen zur Stärkung
des Deutschtums in den Provinzen Westpreußen und Posen, v. 20. März
1908, das aus rein politischen Rücksichten die Zwangsenteignung pol-
nischen Grundbesitzes zuläßt (Jahrb. d. öff. R. III S. 451) und endlich
das Preuß. Quellenschutzgesetz v. 14. Mai 1908, das zur Expropria-
tion von gemeinnützigen Quellen ermächtigt, die vom Eigentümer nicht
in einer den Bedürfnissen der öffentlichen Gesundheitspflege entsprechen-
den Weise unterhalten werden (Jahrb. d. öff. R. III 463). Über Zwangs-
enteignung zum Zwecke der Feldbereinigung s. WB d. VerwR? 1752, Art.
„Feldbereinigung“. Über die „Umlegung‘“ von Grundstücken s. unten
Anmerk. 46.
43 Zu einer Kollision kommt es, wenn für ein mit dem Expropriations-
rechte ausgestattetes Unternehmen ein Objekt beansprucht wird, das
selbst einem öffentlichen Zwecke dient und das vielleicht sogar seiner Zeit
selbst durch Expropriation dem betreffenden öffentlichen Unternehmen
gewidmet worden ist. In solchen Fällen hat die zuständige Verwaltungs-
behörde darüber zu entscheiden, welches Interesse vorgeht. (Eine Vor-
schrift dieses Inhalts im Württemberg. Zwangsenteignungsgesetz, Art. 3.)
Als ausgeschlossen erscheint, daß z. B. der mit dem Expropriations-
rechte ausgestattete Eisenbahnunternehmer einen öffentlichen Weg
einfach expropriieren dürfte. Otto Mayer, Eisenbahn- und Wegerecht
(Archiv £. öffentl. Recht XV 8.511; XVI S. 38, 203). Über die ganze