304 $ 18. Öffentliche Anstalten.
Benutzung dieser Anstalten auf einem rechtlichen Zwang oder
dem freien Willen des Einzelnen beruht.'" Es ist richtig, daß
durch den Erlaß von Spezialgesetzen für einzelne dieser Anstalten
der Streitfrage ihre wesentliche Bedeutung genommen wurde; so
gelten für Post und Telegraphie spezielle Rechtsnormen. Fehlen
aber solche — und das bildet die Regel —, so sind sämtliche für
die betreffende Anstalt maßgebenden Rechtsvorschriften zu Rate
zu ziehen; es ist zunächst zu ergründen, ob nicht wenigstens eine
von ihnen einen deutlichen Hinweis auf die öffentlichrechtliche
Natur dieser Anstalt enthält. Trifft dies nicht zu, so bleibt nichts
übrig, als aus den vorhandenen juristischen Indizien einen Schluß
nach der einen oder anderen Richtung abzuleiten. Mit der
Entscheidung über den öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen
Charakter der Anstalt wird das Urteil über alle ihre möglichen
rechtlichen Beziehungen gefällt: über die Anwendbarkeit der
Gewerbeordnung, über das Ertordernis polizeilicher Genehmigung
des Unternehmens,!? über die Pflicht zur Entrichtung der Ge-
werbesteuer,!* über die Zulässigkeit einer staatlichen Beaufsich-
Verwaltungsrechts, S. 169, 194, 231. Ebner, im Verwaltungsarchiv VIII
S. 304ff. Preuß, Städt. Amtsrecht in Preußen, S. 346ff. Kgl. Sächs».
OVG. v. 29. Dez. 1902 und 21. Mai 1908 (Jahrbücher des Kgl. Sächs.
OVG. III S. 349; XII S. 257). Hauriou, Pre6cis de Droit administratif,
7 ed., p. 288.
12 Unrichtig erblickt das Preuß. OVG. v. 19. Mai 1908 (Entsch. Bd. 52,
S.29) in dem Fehlen eines Benutzungszwangs ein Indiz für die gewerbliche
Natur dee Unternehmens.
13 Landmann, I® 8.160. v. Seydel, Bayr. Staatsrecht III S. 395.
Im Gegensatz zu der im Text vertretenen Auffassung hält Laband,
Staatsrecht III® S. 209, die Gewerbeordnung nicht für anwendbar auf
diejenigen Unternehmungen des Reichs, der Bundesstaaten und der
Gemeinden, welche gewerbsmäßig betrieben werden. Vgl. über die Frage
Hans Müller, Inwieweit unterliegen die Staats- und Gemeindebetriebe
den Vorschriften der Gewerbeordnung? (Jurist. Dissertation, Erlangen,
1906.) — Keine Ansiedlungsgenehmigung ist erforderlich für die Errichtung
einer militärischen Luftschiffhalle mit Wohnung. Urt. d. Preuß. OVG.
13. Februar 1913 mitgeteilt und besprochen von Schultzenstein in
der DJZ. XVIII 4386.
14 Urteil des bad. VGH. v. 27. April 1904 (Zeitschrift für bad. Ver-
waltung, 1905, 8.50). Soergel, IS. 425; S. 718 Nr. 1; II S. 585. Be-
freiung eines Gemeinde-Schlachthauses von der Grundsteuer: Württemb.
VGH. 21. September 1910 (Württemb. Zft. f. Rechtspflege und Ver-
waltung III 388).