$ 20. Öftentliche Sachen im Allgemeinen. 333
Die Herrschaft des Privatrechts über die öffentlichen Sachen
im engeren Sinne hört an dem Punkte auf, an dem der öffent-
liche Dienst der Sache beginnt.'° Allgemein ist dies anerkannt für
die Sachen im Gemeingebrauch; nach den meisten Gesetzgebungen
gilt es jedoch auch für das Verwaltungsvermögen.'* Die öffent-
liche Sache kann durch ein privatrechtliches Geschäft ihrer öffent-
lichen Zweckbestimmung nicht entfremdet werden. Daher ist
eine Bestellung dinglicher Rechte an einer öffentlichen Sache
zu Gunsten eines Dritten rechtlich nur soweit möglich, als die Aus-
übung dieser Rechte die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe,
der die Sache gewidmet ist, weder hindert, noch in Frage stellt.'?
Oberverwaltungsgerichts zunächst der Lehre Otto Mayers vom öffentlichen
Eigentum an. Vgl.nämlich das Urt.d. Kgl. Sächs.OVG.v.5. Febr.1902 (Jahr-
bücher II S. 99): Ein Hauseigentümer hat die Trottoirplatten vor seinem
Hause durch Abladen von Bierfässern beschädigt. Der Stadtrat fordert
von ihm Ersatz der Reparaturkosten. Der Beklagte verlangt gerichtliche
Entscheidung. Der Stadtrat belehrt ihn, daß nur der Verwaltungsweg
zulässig sei, da es sich um Verletzung öffentlichen Eigentums handle.
Auf Anfechtungsklage hin gibt das OVG. dem Stadtrat Recht. In seinem
Urteil v. 2. Februar 1910 (Jahrbücher XV S. 175) ist jedoch das Sächs.
Oberverwaltungsgericht von seiner ersten Ansicht abgegangen und hat
sich der herrschenden Anschauung angeschlossen; vgl. auch Urt. v.2. März
1912 (Jahrbücher XVIII 216). In Anlehnung an die französische Theorie
(domaine public) und die Lehre Otto Mayers vom öffentlichen Eigentum
hat dagegen das Urt. d. Reichsgerichts i. Zivilsachen v. 1. Oktober 1912
(Entscheidungen Bd. 80, 8. 123; Preuß. Verw.Bl. XXXIV 895) erklärt,
daß in der Rheinprovinz die Übertragung des Eigentums an einem
Hafenbett einen öffentlichrechtlichen Akt des Staats darstellt und
infolgedessen nicht der Auflassung gemäß BGB $ 925 bedarf.
15 Die Kompetenz der Landesgesetzgebung zur Zurückdrängung des
Privateigentums aus Gründen des öffentlichen Rechts ist ausdrücklich
vorbehalten im EG. z. BGB., Art. 55, 109, 111.
16 In Baden untersteht das Verwaltungsvermögen im großen und gan-
zen den allgemeinen Vorschriften des bürgerl. Rechts. Walz, Bad.
Staatsrecht, S. 250 und Dorner-Seng, Bad. Landesprivatrecht, $5 36—37.
1? Miete und Pacht über zeitweilig nicht für den öffentlichen Dienst
verwendete Räume ist zulässig. Ebenso hat ein Urt. des RG. in Zivils.
v. 8. Febr. 1893 (Entsch. Bd. 31, S. 217) ausgesprochen, die Veräußerung
eines Kirchengebäudes an einen Privaten sei zulässig, der Erwerber sei
jedoch verpflichtet, der Kirchengemeinde die Kirchenschlüssel heraus-
zugeben, damit die Kirchengemeinde das Gebäude für ihre Kultuszwecke
weiter benutzen könne. Andrerseits ist die Ersitzung an ®iner Öffentl.
Sache im e. $., solange der öffentl. Gebrauch dauert, ausgeschlossen