Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 22. Sachen im Gemeingebrauch. 343 
mit Einwilligung des betroffenen Grundeigentümers auch über 
ein Privatgrundstück ein öffentlicher Weg eröffnet werden.” Eine 
derartige sog. Öffentlichrechtliche Wegeservitut ent- 
steht nicht schon dadurch, daß der Eigentümer das Publikum 
über sein Grundstück gehen läßt, denn eine solche Duldung ist 
jederzeit widerruflich. Auch eine Ersitzung des ‚öffentlichen 
Wegerechts‘‘ ist ausgeschlossen; denn die öffentlichrechtliche 
Wegeservitut hat mit einer privatrechtlichen Dienstbarkeit nur 
den Namen gemein, und eine ununterbrochene Inanspruchnahme 
eines Privatgrundstücks für den öffentlichen Verkehr könnte höch- 
stens eine Beweisvermutung abgeben.? Alles hängt auch hier davon 
ab, ob der Weg über das Privatgrundstück von der zuständigen 
Behörde dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden ist.” — Aus 
diesen Erörterungen aber folgt weiter, daß ein Streit über die 
Öffentlichkeit eines Weges Verwaltungs- und Verwaltungs- 
streitsache, nicht aber Justizsache ist.!® 
Die verschiedenen Kategorien öffentlicher Wege (Ortsstraßen, 
Landstraßen, Kreisstraßen usf.) sollen hier im einzelnen nicht er- 
örtert werden.!' Eine erhöhte juristische Bedeutung kommt unter 
ihnen den Ortsstraßen zu, weil sie nicht bloß eine Rolle als Ver- 
kehrswege spielen, sondern weil darüber hinaus von ihrer Existenz 
und Richtung die Bebauungsmöglichkeit ganzer Quartiere ab- 
” Eiswege über Privatgewässer: Entscheidungen des Preuß. OVG. 
Bd. 56, S. 363. 
8 Rechtsprechung d. Bad. Verw.-GH. Ill Nr. 350, 352. K. S9ächs,. 
OVG. 26. April 1911 (Jahrbücher XVII 199); Reichsger. i. Civils. 9. Mai 
1911 (Reger XXXII 392). Andrer Ansicht: Bayr. OLG. i. Strafs. 2. Juli 
1912 (Reger XXXIII 113); Schultzenstein im Preuß. Verw. Bl. 
XXXIV 765. 
° Otto Mayer, II $40. Soergel, I 8. 83, Nr. 6; S. 608, Nr. 12; 
8.631. Sächs. OVG. v. 18. März 1903 (Jahrbücher IV S. 185). 
10 Vgl. oben$.19ff. Germershausen, Wegerecht in Preußen I S. 696. 
Soergel, I 8. 417. Rechtsprechung des Bad. Verw.-GH. III Nr. 14. — 
Doch kann der Zivil- und Strafrichter in die Lage kommen, über die 
Öffentlichkeit eines Weges incidenter (als Vorfrage) entscheiden zu müssen. 
Urteil des bayr. obersten Landesgerichts v. 25. Febr. 1908 (Reger XXIX 
$. 106). Stölzel, Rechtsweg und Kompetenzkonflikt, S. 230. Vgl. auch 
oben 9. 20. 
12 Schultzenstein, Zum Begriffe der Straße (Preuß. Verw.-Bl. 
XXXIII 397).
	        
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