344 $ 22. Sachen im Gemeingebrauch.
hängt.’ Aus diesem Grunde hat nach der Gesetzgebung der
meisten deutschen Staaten vor der Anlegung jeder neuen Orts-
straße die zuständige Gemeindebehörde durch die Feststellung
von sog. Straßenfluchtlinien Richtung und räumliche Ausdeh-
nung der zukünftigen Straße zu bestimmen und durch Aufstellung
von sog. Baufluchtlinien anzuordnen,'” wie weit gegen die
Straße zu die Anliegergrundstücke überbaut werden dürfen.'*
Für ganze Gemeinden oder Gemeindequartiere können diese
Linien allgemein und verbindlich für jedermann in den Be-
bauungsplänen (Ortsbauplänen) festgelegt werden.'®
Wie bereits hervorgehoben wurde, ist die Wegebaulast!® in
der Regel einem öffentlichrechtlichen Verbande (Staat, Gemeinde
usw.) übertragen. Sie begreift regelmäßig auch die Pflicht zur
bestimmungsgemäßen Unterhaltung der Straße in sich (Wege-
unterhalt). Doch kann die Gesetzgebung die Wegebaulast und
12 Die Unentbehrlichkeit der öffentlichen Wege (nicht nur der Orts-
straßen) für die Privatgrundstücke findet ihren Ausdruck in der Vor-
schrift desBGB.,$917, überden Notweg. Endemann, Notweg und öffent-
licher Weg (Festgabe Otto Gierke dargebracht von Schülern usf., 1911,
S. 951).
18 Walz im Verwaltungsarchiv XIV S. 377ff. Vgl. z. B. das Preuß.
„Fluchtliniengesetz“ vom 2. Juli 1875 (Gesetz betr. die Anlegung und
Veränderung von Straßen); Kommentare von Friedrichs -v. Strauß u.
Torney5 1905 (und dazu die soeben zitierte Erörterung von Walz) und
von Saran, 1911. Bad. Ortsstraßengesetz vom 15. Okt. 1908. Vgl. ferner
die Artikel „Bauwesen‘‘ im WB d. VerwR?® I 308 und Art. „Baupolizei‘
(E. Loening) im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, II® S. 712.
14 Im Zweifel besagen die Vorschriften der Straßengesetze über die
Baufluchten, daß über die Baufluchten nicht hinausgebaut werden darf;
sie lassen somit ein Bauen hinter der Bauflucht zu. Ein Bauenin der
Baufluchtlinie kann daher nur auf Grund einer besondern baupolizeilichen
Bestimmung verlangt werden. Preuß. OVG. v. 18. Oktob. 1907 (Entsch.
Bd. 50, S. 396). S. auch Preuß. OVG. 4. Juli 1911 (Preuß. Verw. Bl.
XXXIII 454). Vgl. auch unten $ 23.
15 Besonders interessant die Staffelbauordnung für Bremen v. 1909/10:
Art und Dichtigkeit der Bebauung ist nach Baustaffeln abzustufen und
durch einen Plan zu regeln (Stafielbauplan).
16 v.Reitzenstein, Art.,,Wegebauund Wegebaupflicht‘ in v. Stengels
Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts II 8. 888. Germers-
hausen, Wegerecht in Preußen I S. 34, 231. Hans Hoffmann, Wege-
baulast in Pommern (Tübinger staatswissenschaftliche Dissertation, 1907).