Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

362 $ 23. Polizeigewalt. 
zur Herrschaft gelangt. Die Gesetzgebung hat sie aufgenommen? 
und dort, wo es an gesetzlichen Vorschriften fehlt, wie z. B. im 
Königreich Sachsen,® ist sie vom Gewohnheitsrecht zu unbestrit- 
tener Geltung gebracht worden. Sie bildet heute überall die 
Grundlage des Polizeirechts. 
Um Bedeutung und Schranken der Polizei nach geltendem 
Recht richtig zu würdigen, muß man sich stets vor Augen halten, 
daß im Rechtsstaat die Vermutung für die Freiheit des Indivi- 
duums von staatlichem Zwang spricht. In diesem Sinne enthält 
der Satz ‚was nicht verboten ist, ist erlaubt‘ eine Rechtswahrheit. 
Sie ist niedergelegt in den Vorschriften der Verfassungsurkunden, 
welche Freiheit und Eigentum der Bürger ausdrücklich garan- 
tieren. Ihnen zufolge ist der Bürger befugt, mit seinem Eigen- 
tum nach freiem Ermessen zu schalten und die ihm von der Natur 
verliehene Fähigkeit zur Betätigung seines Willens nach allen 
Richtungen auszunutzen.” Eine schrankenlose Betätigung der 
individuellen Freiheit und der Eigentumsfreiheit würde aber zum 
„bellum omnium contra omnes‘‘ führen. Jede Freiheit ist deshalb 
nur unter dem Vorbehalt gewährleistet, daß sie die gute Ord- 
nung des Gemeinwesens nicht stört.‘ Die Aufgabe der Polizei 
besteht daher darin, diese Rechtspflicht gegen die Bürger zur 
Geltung zu bringen. Diese allgemeine Pflicht wird im täglichen 
S. 399). Bitter, Handwörterbuch der preuß. Verwaltung, Art. ‚Polizei‘‘, 
Bd. II? S. 274. 
5 2. B. Badisches Polizeistrafgesetzbuch v. 1863 $ 30: „Neben den 
Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzbuchs bleibt den Polizeibehörden 
die Befugnis vorbehalten, auch unabhängig von der strafgerichtlichen Ver- 
folgung rechts- und ordnungswidrige Zustände innerhalb ihrer Zuständig- 
keit zu beseitigen und deren Entstehung oder Fortsetzung zu hindern. — 
Anordnungen dieser Art sind nur insoweit zu treffen, als sie im öffentlichen 
Interesse geboten erscheinen... .‘“‘ Schlusser, Bad. Polizeistrafrecht 
3. Aufl. (bearbeitet von Ernst Müller), S. 16ff. 
6 Wachlerund Naundorff, Rechtsgrundsätze des Kgl. Sächs. OVG. 
IS. 48, Nr. 2; II S. 79, Nr. 5b. 
” Das durch die Gewerbefreiheit garantierte ‚Recht‘ auf den Be- 
trieb eines Gewerbes ist gegen Verletzung von Seiten dritter Privat- 
personen durch BGB. $ 823, Abs. 2, geschützt. Unsicher: Reichsgericht 
in Zivils., Bd. 61, S. 10; 65, S. 210; 76, S. 46. Vgl. zu der Frage v. Tuhr, 
Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts I S. 154ff. S. auch oben $ 11. 
8 „Das Gute — dieser Satz steht fest — 
Ist stets das Böse was man läßt.“ (Wilhelm Busch.)
	        
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