Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

364 $ 23. Polizeigewalt. 
schriebene Spezialpflicht nach dieser Richtung aufgebürdet hat.'? 
Die Nichtstörungspflicht läuft aber nicht immer auf ein Untätig- 
sein hinaus. Man denke nur an die im sanitaren Interesse er- 
lassenen Vorschriften, welche den Anschluß eines Hauses an das 
Kanalisationsnetz anordnen, oder an das Reichsgesetz, das den 
Impfzwang eingeführt hat.'? 
Zum Amte der Polizei gehört aber nicht bloß die Abwehr von 
Störungen, „die dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben‘ 
drohen. Ihre Aufgabe hat die Polizei auch zur Sicherung des 
ungestörten Betriebes öffentlicher Anstalten zu erfüllen. Hier 
entfaltet sie sich als Anstaltspolizei (oben $ 18). — Andrerseits 
fällt jedoch aus dem Bereiche der Polizei die Förderung der öffent- 
lichen Wohlfahrt, die sog. Wohlfahrtspflege, heraus.’° In den 
allgemeinen begriffswesentlichen Kompetenzen der Polizei ist 
weder die Befugnis enthalten, durch Polizeibefehl eine ‚,stil- 
gemäße Restaurierung‘ eines alten Kirchengebäudes zu erzwin- 
gen, noch die Zuständigkeit, das Gedeihen der Weinreben auf 
einem Privatgrundstück dadurch zu fördern, daß siedem Nachbarn 
die Errichtung einer beschattenden Mauer verbietet.! Eine solche 
13 Kgl. Sächs. OVG. v. 18. März 1903 (Jahrb. IV S. 149): der Eigen- 
tümer eines Grundstücks kann nach seinem Ermessen seinen Teich zu- 
schütten. Die Polizei ist nicht befugt, von ihm die Erhaltung des Teichs zu 
verlangen, damit sie bei Bränden in der Gegend genügend Wasser vor- 
finde. — Die Baulinie bezeichnet im allgemeinen die Grenze der Bebau- 
barkeit eines Grundstücks gegen die Straße zu. Das Bauen hinter der 
Baulinie ist dem Eigentümer gestattet, wenn nicht das Gesetz (z. B. bad. 
Ortsstraßenges. $ 9) ausdrücklich (etwa zur Verhütung von Verunstaltun- 
gen) den Eigentümer verpflichtet, sein Gebäude auf die Baulinie zu stellen. 
Kaınptz und Delius, Rechtsprechung des Reichsgerichtse I S. 452, 
Nr. 6. Soergel, I S. 598, Nr. 66; S. 612, Nr. 11. Vgl. auch oben S. 121. 
14 Über Zwang zum Anschluß an die Kanalisation: Baltz, Preuß. 
Baupolizeirecht, S. 220. Roth, Bad. Landesbauordnung, S. 50. Über 
das im sanitaren Interesse erlassene polizeiliche Gebot ‚„landhausmäßiger 
Bebauung‘: Entsch. des preuß. OVG Bd. 26, 8. 323. Über den Impfzwang 
siehe oben S. 215, Anm. 35. 
15 Das gilt auch für das preußische Recht. Bitter, Handwörterbuch 
der preuß. Verwaltung IE S. 275. Baltz, Preuß. Baupolizeirecht, S. 3. 
Andrer Ansicht Rosin, im Verwaltungsarchiv III S. 249 (vgl. dazu 
Thoma, Polizeibefehl I S. 42). Siehe ferner Wolzendorff, Richtlinien 
des polizeilichen Wirkens im preuß. Recht (Preuß. Verw.- Bl. XXII, S. 257). 
18 Entsch. des Preuß. OVG. Bd. 44, S. 388. Ferner Bd. 39, S. 278. 
Daher ist ein polizeiliches Bauverbot unzulässig, das lediglich erlassen ist,
	        
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