Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

366 $ 23. Polizeigewalt. 
der Arbeitskraft und Sittlichkeit der Arbeiter und Arbeiterinnen ;!® 
in gewissen Anordnungen zur Förderung der Gesundheitspflege'? 
u.a.m.?° — Endlich ist der Polizei, als einer Funktion der inneren 
Verwaltung, auch verwehrt, ihre Zwangsgewalt in den Dienst eines 
anderen Verwaltungszweiges zu stellen. Ihr kommt z.B nicht zu, 
zur Erreichung rein finanzieller Zwecke hilfreiche Hand zu bieten. 
Sie darf daher nicht durch wegepolizeiliche Verfügung den Straßen- 
anliegern die Reinigung der Trottoirs anbefehlen, wenn die 
Reinigungspflicht eine finanzielle Last der Gemeinde darstellt.” 
Da die polizeilichen Gebote und Verbote in Freiheit und 
Eigentum des Untertans eingreifen, so bedürfen sie, gemäß den 
18 Sittenpolizeilicher Schutz unmündiger Arbeiter und Arbeiterinnen: 
Reger, XXIII S. 341. 
19 Kgl. Sächs. OVG. v. 2. Mai 1903, betr. Schlafkammern von Dienst- 
mädchen (Jahrb. IV S. 253). Gültig ist, nach dem Urt. des Kammergerichts 
v. 4. März 1912, eine Polizeiverordnung, welche im sanitaren Interesse der 
Kunden vorschreibt, daß in den dem Vertrieb von Nahrungs- und Genuß- 
mitteln dienenden Verkaufsläden Wände und Decken einen giftfreien, 
regelmäßig zu erneuernden Ölanstrich haben müssen. DJZ. XVII 1133. 
Vgl. ferner Reichsgesetz betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krank- 
heiten vom 30. Juni 1900 (Reichsseuchengesetz). 
20 In diesem Zusammenhang sind ferner zu nennen die staatlichen 
Beschränkungen der privaten Forstwirtschaft (Rodungsverbote u. dgl.) 
WB .d. VerwR? I 824, Art. „Forstwesen“ (Schwappach). S. auch Preuß. 
Moorschutzgesetz v. 4. März 1913. — Den tiefsten wohlfahrtspolizeilichen 
Eingriff in die persönliche Freiheit der Eltern haben die Landesgesetze 
über die Fürsorgeerziehung (Zwangserziehung) vorgenommen. WB d. 
VerwR? I 862, Art. „Fürsorgeerziehung‘“ (Landsberg). Vgl. ferner das 
Bremische Gesetz betr. den armenpolizeilichen Arbeitezwang v. 21. Januar 
1911 u. das Preuß. Gesetz über den Arbeitszwang in der Armenpflege, 
das sog. „Arbeitsscheuengesetz‘ v. 26. Juli 1912. In diesen Zusammen- 
hang hinein gehören weiter die landesgesetzlichen Vorschriften, welche 
zum administrativen Erlaß eines Wirtshausverbots gegenüber Trunken- 
bolden ermächtigen. Schlusser, Bad. Polizeistrafrecht? S. 96. 
21 Karl Bräuer, Die Belastung der Adjazenten mit Trottoirbeiträgen 
nach pfälzischem Recht (Archiv f. öffentl. Recht XXI S. 523). Soergel, 
Il S. 939, Nr. 10. Vgl. auch oben S. 121ff. Wachler und Naundorff, 
Rechtsgrundsätze des Kgl. Sächs. OVG. II S. 79, Nr. 6a. Entsch. des 
Preuß. OVG. Bd. 54, 8. 262. Ungültig ist eine unter Berufung auf StGB. 
366, Ziff. 10 erlassene bezirkspolizeiliche Vorschrift, die das Befahren 
eines Privatweges verbietet, es jedoch als erlaubt erklärt, wenn der Be- 
nutzer einen Betrag an die wegeunterhaltspflichtige Gemeinde zahle. 
OLG. Karlsruhe 23. Januar 1911 (Badische Rechtspraxis 1911, S. 161).
	        
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